Professor Patzelt fordert: Gerechtigkeit für Professor Patzelt

Professor Werner Patzelt beklagt, die Kritiker seiner Äußerungen zu PEGIDA hätten auf seine Erwiderung nicht geantwortet, verweigerten überhaupt jeden konstruktiven Dialog. Er kanzelt seine Kritiker darum mit einem kapitalen Donnerwort als „DISKURSIV SCHWACH, INTELLEKTUELL UNFRUCHTBAR, PERSÖNLICH MUTLOS“ ab. Professor Patzelt hat meinen früheren, womöglich zu hitzigen Beitrag zum Thema nicht zur Kenntnis genommen. Dennoch möchte ich mich an einer weiteren Erwiderung versuchen. Ich bemühe mich, auf Satire zu verzichten. Aber Professor Patzelt, dem der mediale Ruhm etwas zu Kopf gestiegen zu sein scheint, macht einem das nicht leicht. Bezeichnet er sich doch inzwischen selbst als „eine Eiche, an der mancher sich reibt“. Professor Patzelt ist also eine mächtige deutsche Eiche! Und was sind dann seine Kritiker? Ja, der Redewendung nach offenbar Säue. Wie war das Geschrei groß, als die PEGIDA-Demonstranten vermeintlich als „Ratten“ bezeichnet wurden! Und nun nennt Professor Patzelt seine Kritiker Schweine! Wir wollen uns aber nicht aufregen, sondern nur nüchtern festhalten: Es gibt in Wahrheit gewiss nur sehr wenige Kritiker, die das Bedürfnis haben, sich an Professor Patzelt zu reiben.

Halten wir zunächst fest: Kein ernsthafter Kritiker kann bezweifeln, dass Professor Patzelt ein integrer Mensch, ein seriöser Wissenschaftler und ein demokratisch gesinnter Staatsbürger ist. Seine Einlassungen sind meistens sachlich und vernünftig. In angenehmer Weise unterscheidet sich hier ein traditioneller Konservatismus von der neurechten Pöbelei. Professor Patzelt hat gelegentlich sogar die Größe, Fehler einzugestehen. So hat er zugegeben, die Anti-PEGIDA-Bewegung lange zu undifferenziert betrachtet zu haben. Und doch hat auch der Stil seiner Einlassungen einige Schwächen. Zunächst ist die Selbstinzenierung als verfolgte Unschuld in einem Hexenprozess recht eitel, ja geradezu albern. Müsste ein Professor, der von einigen Kollegen und Studenten kritisiert wird, nicht etwas mehr Gelassenheit an den Tag legen? Stattdessen wirft er den Kollegen vor, sie seien ja nur neidisch auf seine neue Prominenz. Und er wundert sich darüber, dass Studenten nicht den Mut finden, einen akademischen Lehrer persönlich zu tadeln. Ebenfalls eitel und albern ist es, wenn Professor Patzelt von seinen Kritikern fordert, sie müssten doch möglichst erst einmal sein wissenschaftliches Gesamtwerk studieren, bevor sie das Wort gegen ihn ergreifen. Seine zahlreichen neuen Fans haben seine Aufsätze und Bücher auch nicht gelesen, von ihnen lässt er sich im Internet aber widerspruchslos den Bauch pinseln.

Kommen wir nun zur inhaltlichen Auseinandersetzung. Professor Patzelt hat in einigen Punkten recht, insbesondere mit seiner Auffassung, es sei vor der Spaltung der Bewegung sachlich und politisch falsch gewesen, die PEGIDA-Anhänger kollektiv als Nazis zu bezeichnen. In einigen weiteren wichtigen Punkten finde ich die Argumente von Professor Patzelt allerdings nach wie vor nicht überzeugend.

Professor Patzelt verweist darauf, er habe keineswegs nur seine persönliche politische Meinung geäußert, sondern eine Studie auf der Basis von Umfragen erstellt. Sein Bild der PEGIDA-Bewegung sei also empirisch unterfüttert. Nun räumt er aber selbst ein, dass alle Umfragen nicht repräsentativ sind. Ungefähr die Hälfte der Befragten hat nicht auf gestellte Fragen geantwortet. Es ist aber – wie auch Professor Patzelt gesteht – ziemlich wahrscheinlich, dass gerade die radikalen Kräfte sich allen Befragungen verweigern. Es ist also festzuhalten: Alle bisherigen Studien sind strukturell verharmlosend. Damit ist auch das Ergebnis der Studie von Professor Patzelt, wonach nur ein Drittel der PEGIDA-Demonstranten vor der Spaltung der Bewegung „rechtsnationale Xenophobe“, zwei Drittel aber „teils empörte, teils über die Zukunft unseres Landes besorgte gutwillige Bürger“ seien, höchst zweifelhaft. Ich verfüge auch nicht über repräsentative Daten, aber ich habe in den letzten Monaten sehr viele Briefe, Mails und Kommentare von PEGIDA-Anhängern erhalten und gleichzeitig die öffentlichen Äußerungen verfolgt. Also darf ich wohl auch mitraten. Meine nicht quantitative, aber qualitative Analyse widerspricht der Auffassung von Professor Patzelt, die Mehrheit der Demonstranten wären „Gutwillige“. Nein, es sind auch viele Böswillige darunter. Wenn es etwas gibt, dass die Mehrheit der Demonstranten auszeichnet, dann ist es – unabhängig von Bildungsgrad und politischer Einstellung – der schlechte Charakter. Die Leute, die man da sieht und hört und liest, sind größtenteils egoistische, hasserfüllte, neidische, mitleidlose, selbstgerechte, beschränkte, wichtigtuerische Leute. Es gibt sicher viele Ausnahmen. Aber die Regel sei dennoch auch mal konstatiert.

Professor Patzelt wirft seinen Kritikern weiterhin vor, sie hätten über seine Verteidigung der „kleinen Leute“ gespottet. Aber darum geht es nicht. Falsch ist es nicht, die „kleinen Leute“ zu verteidigen, sondern die PEGIDA mit den „kleinen Leuten“ zu identifizieren, ganz so wie PEGIDA sich selbst gerne mit dem „Volk“ identifiziert. PEGIDA, das sind nicht „die kleinen Leute“, das ist eine rechte Splittergruppe. Das sagen uns Umfragen in Dresden und anderswo. Was mich besonders stört, ist die paternalistische Haltung, mit der Professor Patzelt die „kleinen Leute“ wie Kinder entmündigt, indem er für fast alle ihre Dummheiten und Bosheiten eine Entschuldigung, wenigstens eine relativierende Erklärung parat hat. Auch „kleine Leute“ sind verantwortlich für das, was sie sagen und tun. Auch „kleine Leute“ darf man kritisieren, wenn sie einer Clique von Banditen und Rechtsradikalen folgen und hetzerischen Reden zujubeln. Es gibt eine Menge „kleiner Leute“, die mit PEGIDA nichts zu tun haben wollen – weil sie über gesunden Menschenverstand verfügen und ein Herz haben. Übrigens: Hat es sich zu Professor Patzelt noch nicht herumgesprochen, dass der „kleine Mann“ in Deutschland inzwischen ziemlich oft ein Türke ist?

Quatsch ist und bleibt die These von Professor Patzelt, es gebe eine „Repräsentationslücke“ auf der rechten Seite des politischen Spektrums, welche die Menschen geradezu zwinge, sich auf der Straße Luft zu verschaffen. Die CDU ist in Sachsen so rechts wie nirgendwo sonst, über Jahre gab es die NPD im sächsischen Landtag, jetzt sitzt dort die Alternative für Deutschland. Die Rechte ist in Sachsen politisch ausgezeichnet repräsentiert, ja sie ist seit 1989 der Mainstream der sächsischen Politik. Aber eben nur hier und anderswo nicht. Die PEGIDA-Demonstranten stören sich nicht daran, dass sie nicht repräsentiert würden, sondern sie halten es nicht aus, dass nicht alles nach ihrem Willen geht. Und oft wissen sie nicht einmal, was sie wollen. Sie kämpfen nur so lange für Meinungsfreiheit und Volksinteressen, wie es um ihre Meinung und um ihre Interessen geht. Demokraten sind sie also nur bedingt. Nicht wenige von ihnen sind sogar eine Bedrohung für die Demokratie.

Professor Patzelt kann sich auf den Kopf stellen, es bleibt doch wahr: Er hat sich in einen politischen Konflikt in einseitiger Weise eingemischt. Er hat die Gegner der PEGIDA mit Häme und Härte kritisiert, die Anhänger hingegen stets mit Sanftmut und Sympathie behandelt. Ihn erregt es, wenn Gegendemonstranten die PEGIDA-Anhänger als „Nazis“ bezeichnen, kaum aber, wenn umgekehrt der Ruf „Linksfaschisten“ erschallt. (Aber nein, in irgendeiner Fußnote hat er sich sicher klar davon distanziert.) Die Lügen und Bosheiten der PEGIDA werden von Professor Patzelt nur beiläufig und halbherzig in Nebensätzen kritisiert. Darf er so einseitig Partei ergreifen? Natürlich darf er das, zumal sich ja viele andere Menschen auf der Gegenseite engagiert haben. Aber er möge doch bitte nicht behaupten, er wäre die Waage der Gerechtigkeit, da er doch ersichtlich nur das Gegengewicht auf der rechten Schale ist.

Ich beschließe meinen Beitrag mit einer sehr richtigen und erhellenden Einschätzung von Professor Patzelt:

Denn ist PEGIDA im Kern ein faschistisch-rassistisches Unterfangen, dann sollten gerade Demonstrationen unter faktischer Führung Bachmanns weiterhin florieren. Gehen die Demonstrationen von Bachmann und seinesgleichen aber ein, ja käme es gar zu erfolgreichen Anschlussdemonstrationen eines nach Abspaltung verselbständigten und im Grunde als außerparlamentarischer Arm der AfD fungierenden Flügels, so hätte sich gezeigt: PEGIDA war weitgehend eine Protestbewegung von politisch Enttäuschten rechts der Mitte, sozusagen ein (versuchtes) „1968 von rechts“.

Die Demonstrationen unter Führung von Bachmann florieren und gewinnen wieder an Zulauf, während Neonazis und „besorgte Bürger“ gemeinsam Flüchtlingsheime angreifen. Die Demonstrationen der vermeintlich gemäßigten Konkurrenz um Kathrin Oertel sind eingegangen. Man ziehe den Schluss selbst.

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Kommentare
  1. Uwe Rost

    Besser kann mensch es wohl kaum schreiben. Leider ist der Adressat auf dem kritikoffenen Ohr derart taub, dass der Sinn und Inhalt des Textes ungehört verhallt.

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  2. Claus Gruhl

    Schließe mich dem Vorschreiben an. Ich hätte noch zwei Adjektive hinzuzufügen:
    alt und männlich
    Ich gehöre selbst besagter Alterskohorte an und ärgere mich immer öfter darüber, was der demographische Wandel insbesondere im Osten für katastrophale Auswirkungen hat. Ich kann nur sagen: Jugend – wehrt Euch !

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  3. Übermensch

    Für wen ist das hier gedacht? Für Professor Patzelt doch sicherlich nicht. Da man nicht erwarten kann, dass ein Mann alleine sich um seine Hundertschaft von „Kritikern“ fürsorglich kümmern kann, wovon 99% auch nur ohne jemals nachzudenken dem Gefühl freien Lauf lassen und einfach nur das Maul aufreißen und sich überraschend wenig Leute direkt an Professor Patzelt wenden. Obwohl er dafür den Raum anbietet und dieser seltsamerweise nie genutzt wird.
    Wozu auch? Schließlich haben wir ja Couchaktivismus 2.0 – Facebook und Blogs in denen sich die Zwerge unter den Winzlingen ihr eigenes Meinungsschlösschen basteln können. Jedes Wörtchen und jede Nicht-Reaktion nochmal umgewälzt und zurechtgebogen werden kann bis der Andere den eigenen Überzeugungen gemäß als närrisch und falsch ausgelegt wird. Und da Blogs nur von denen gelesen werden, deren Meinungsbild sie auch reflektieren, wird der Zwerg auch mit ausreichendem Feedback gefüttert.

    Ich würde ihnen zur Abwechslung ein wenig Konfrontation auf ihrem intellektuellen Speiseplan empfehlen. Ich denke das würde ihnen gut tun. Herr Patzelt tut dies und er bietet sich auch selbst dafür an: Face to Face.

    Flame on! Ihr Gutgläubigen. Lasst eurer Empörung freien Lauf! Denn das ist das einzige was ihr habt.

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    • Michael Bittner

      Professor Patzelt hat sich für meine Entgegnung schon bei mir bedankt, obwohl er gewiss nach wie vor anderer Meinung ist als ich. Er besitzt eben eine intellektuelle Größe, von der Sie nur träumen können, Sie Übermenschchen!

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        • Michael Bittner

          Ich glaube nicht, dass er meinen Blog verfolgt, so eitel bin ich nicht. Ich hab ihn auf den Text aufmerksam gemacht, weil er behauptet hatte, es gebe von seinen Kritikern keine Erwiderungen mehr. Aber das steht doch alles im Text selbst.

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  4. Wilfried Schulz

    Typisch intelektuelles Kampfgetöse aus dem Elfenbeinturm der strukrurellen Eitelkeit und Überheblichkeit.
    1. Wo bleibt die Anerkennung der so oft gepriesenen Meinungsfreiheit
    in dieser ach so mustergültigen Demokratie? Und wenn dann ein paar Bürger friedlich und gewaltfrei auf die Straße gehen, weil sie die Schnauze voll haben von den Lügenmedien, der korrupten Politikerkaste und dem unredlichen Finanzsstem, da fällt die gesamte Hundemeute der vorgenannten über sie her mit unsäglichen Begriffen, für die diese werten Herrschaften eigentlich zu fein sein sollten.
    Nein, es gibt sie nicht, die Meinungsfreiheit und Demokratie ist auch nur eine feuchtwarmer Traum ohne greifbare Realität
    Wer das begriffen hat, der läuft und legt die Wanderstiefel erst dann weg, wenn das in einem Menschenleben am furchtbarsten erlebbare Regime sich selbst abschaffen wird, bald, denn Pegida allein wird das wohl nicht vermögen.
    Fasten your belts!

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  5. Johannes Molnar

    Der Schreck über PEGIDA und die Entrüstung über alle, welche das Phänomen verstehen oder erklären wollen sind pure Heuchelei. Eine protestbewegung in einer Demokratie hat immer eine tiefere Ursache. Ansonsten sind die meisten Bürger viel zu satt und zu faul zum demonstrieren. Welche Sorgen die Mitlatscher haben ist wichtig, denn sie haben welche!
    Das wäre eine sinnvolle Diskussion. Prof. Patzelt bemüht sich wenigstens ehrlich um eine öffentliche und verständliche Diskussion. Herzlichen Dank dafür.

    Johannes Molnar

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