Der Trump-Effekt

Obwohl die Rechtspopulisten in Europa derzeit Erfolge feiern können, fallen diese doch überall etwas schwächer aus, als von ihnen selbst erhofft. In Holland und Frankreich, in Deutschland und Österreich ertönte nach den Wahlen nur gedämpfter Jubel. Dabei haben die Rechten dank des dschihadistischen Terrors, der die Menschen in Angst und Schrecken versetzt, doch eigentlich beste Voraussetzungen. Kann es sein, dass der „Trump-Effekt“ zuschlägt, aber ganz anders, als es sich Trumps europäische Fans ausgemalt hatten?

Als Vorkämpfer der „amerikanischen Arbeiterklasse“ hatte sich Donald Trump im Wahlkampf inszeniert. Vor dem Ablegen seines Amtseides in Washington hob er die Faust zum Arbeitergruß wie der selige Erich Honecker bei der Parade am 1. Mai. Doch inzwischen dämmert vielen Arbeitern, die Trump gewählt haben, dass sie auf einen Schwindler hereingefallen sind. Misstrauisch wurden sie schon, als Trump sein Kabinett mit Millionären, Generälen und Wall-Street-Spekulanten besetzte. Inzwischen versucht er ganz unverschämt, den Ärmeren ihre Krankversicherung zu rauben und die Steuern für Arbeitende zu erhöhen, um den Vermögenden noch mehr Geld zuzuschanzen. Langsam verfängt da auch sein Trick nicht mehr, den Anhängern die Zuwanderer und Minderheiten als Sündenböcke anzubieten.

Auf den gleichen nationalen Egoismus wie Trump setzen auch die europäischen Rechten. Die Intellektuellen unter ihnen verkaufen ihn unter dem Tarnnamen „exklusive Solidarität“: Jede Nation solle sich nur um ihre eigenen Leute kümmern, sonst erschöpfe sich die Hilfsbereitschaft. Wahr ist, wie das Beispiel Trump überdeutlich zeigt, das Gegenteil: Jene, die sich selbst am lautesten als „Patrioten“ ausrufen, scheren sich in Wahrheit einen Dreck um die Armen ihres eigenen Volkes. Und für den, der wirklich an Gerechtigkeit interessiert ist, kann Solidarität unmöglich an Grenzen enden, selbst wenn die Mittel, Hilfe zu leisten, natürlich begrenzt sind.

Vielleicht sind die deutschen Arbeiter ja schlauer und lassen die Rechtspopulisten gar nicht erst an die Macht, sondern durchschauen den Betrug vorher. In meiner Geburtsstadt Görlitz stellen immerhin schon viele fest, dass es nicht Ausländer sind, die ihnen gerade die Arbeitsplätze wegnehmen, sondern deutsche Bosse.

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Dieser Text erschien zuerst als Kolumne der Rubrik Besorgte Bürger in der Sächsischen Zeitung.

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Kommentare
    • Michael Bittner

      Na holla! Wenn die deutschen Bosse „Arbeitsplätze schaffen“, natürlich ausschließlich selbstlos zum Wohle der Menschen, dann lassen sie sich gemeinsam mit den Politikern feiern. Aber wenn sie Arbeitsplätze vernichten, noch dazu mit zweifelhafter Begründung, darf man sie nicht kritisieren?

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  1. Frans Bonhomme

    Natürlich nicht zum Selbstwohl, sondern für die Chance auf einen Gewinn. Die Arbeitsplätze fallen da so nebenbei ab. Oder auch nicht. Oder verschwinden wieder, wenn ein Geschäftsmodell nicht oder nicht mehr funktioniert. Ausserdem ist so auch sichergestellt, dass Sachen hergestellt werden, die jemand braucht und kaufen kann. Sonst machen „die Bosse“ nämlich keinen Gewinn.
    In der Marktwirtschaft ist es ganz einfach: keine Bosse, keine Arbeitsplätze.
    Klar, der Staat kann auch alle Arbeitsplätze schaffen wie in der DDR. Dann ist es aber keine Marktwirtschaft mehr. Und dann kann man eben nur kaufen, was der Staat herstellen lässt. Trabis zum Beispiel.

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  2. Frans Bonhomme

    Und: na klar können Sie die Bosse kritisieren. Aber das ändert nichts daran, dass deren Aufgabe es ist, Gewinn zu erzielen, und nicht, Arbeitsplätze zu schaffen. Die Arbeitsplätze sind nur ein willkommener Nebeneffekt des Gewinn-erzielen-wollens.

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      • Frans Bonhomme

        Herrje, Herr Bittner, man wettert doch auch nicht gegen den Strafverteidiger, bloss weil er einen Mörder verteidigt.Das ist seine Rolle im System. Statt unrealistische Eigenschaften über die Natur des Menschen zu treffen wie im Sozialismus versucht die soziale Marktwirtschaft, die realen Eigenschaften des Menschen so zu kanalisieren, dass am Ende alle was davon haben – in dem man vom Gewinn was abschöpft für die Gesellschaft. Deshalb gibts hier auch mehr zu verteilen als in Venezuela und deshalb wollen alle hierher. Das das System schlecht austariert ist weil z.B. „Bosse“ mit Politikern kungeln ist eben ein Problem des Systems, das politisch korrigiert werden muss. Lassen Sie doch den Unternehmern auch mal ein bisschen Geltung dafür, dass sie den Narrenesel vor dem Karren der Volkswirtschaft geben.

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