Überfordert uns!

Einer der Sätze, die ich von anderen Ostdeutschen im letzten Jahr am häufigsten gehört habe, lautet: „Wir wollen bei uns keine westdeutschen Verhältnisse!“ Die Menschen, die das sagen, wehren sich mit diesen Worten nicht gegen höhere Löhne oder kürzere Arbeitszeiten. Was sie meinen, ist: Wir wollen bei uns im Osten nicht so viele Ausländer wie im Westen. Mehr noch: Viele Ostdeutsche blicken mit völligem Unverständnis, ja mit Abscheu auf die Selbstverständlichkeit, mit der Westdeutsche und Mitbürger ausländischer Herkunft zusammenleben.

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Kommentare
  1. Ramgeis

    Nein, genau dies meinen die allermeisten Ostdeutschen nicht: nicht so viele Ausländer. Sie meinen: keine Parallelgesellschaften, keine Islamisierung, keine zusätzliche Kriminalität durch Kämpfe zwischen Clans und aus „kulturell“ bedingten Hintergrund sowie keine Auseinandersetzungen aus religiös motivierten Gründen – und sicher auch zum Teil: nicht so viele Ausländer, die sich gar nicht integrieren wollen. Dieses Bild zeigt sich mir in sehr vielen Gesprächen quer durch die Bevölkerung, auch mit Sympathisanten von PEGIDA oder AfD. Nicht umsonst sprechen ja auch offizielle Medien und viele Politiker verschiedener Parteien vom Riss durch die Gesellschaft, weil es eben nicht um eine kleine vernachlässigbare Minderheit ist, die hier anders zu ticken scheint als im Westen. Bei zu erwartenden Nachteilen seitens der Arbeitgeber (in allen Landesteilen) und der ohne ernsthaften Dialog zu den relevanten Themen erfolgten Diskriminierung Andersdenkender in sämtlichen Mainstream-Medien ist das auch kein Wunder.

    Und nicht vergessen: die in „Westdeutschland“ (einschließlich Süd- und Nordwestdeutschland) lebenden nicht wenigen Menschen, die „neidisch“ auf PEGIDA und den Osten schauen, weil er noch einigermaßen frei von oben aufgeführten Begleiterscheinungen einer unkontrollierten Masseneinwanderung – ohne ernsthaftes Bemühen um Integration – ist. Und nicht zu letzt: „Rache“ für seine freie Meinungsäußerung braucht man im Osten bisher nur von Linksextremisten zu befürchten, aber noch kaum von fundamentalistischen Muslimen.

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    • Michael Bittner

      Machen Sie sich doch mal ein bisschen locker! Es gibt islamistische Ideologen und Terroristen, aber es gibt keine Islamisierung Europas. Es gibt Parallelgesellschaften und kriminelle Clans, in Neukölln wie in der Sächsischen Schweiz. Aber mit all diesen Problemen können wir fertig werden, wenn wir aufhören, verbohrt und kleinmütig zu sein.

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      • Ramgeis

        Leider wurde in Deutschland und Europa niemand mit diesen von mir genannten Erscheinungen fertig! Sonst hätten wir ja nicht Parallelgesellschaften, Islamisierung (die ist objektiv und nicht vom Empfinden gewisser „Gutmenschen“ abhängig) und fehlende Integration. Ich glaube, es ist nicht ich, sondern jemand anderes, der sich mal etwas locker machen muss und über ein verbohrtes „wir schaffen das“ nachdenken darf.

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        • Michael Bittner

          „Wir schaffen das“ heißt nicht, dass es keine Probleme gibt. Aber warum diese Ängstlichkeit und dieser Mangel an Vertrauen in die eigene Kultur? Natürlich gibt es Zuwanderer (und Einheimische), die in Fundamentalismus und Parallelgesellschaften abrutschen. Aber ebenso gibt es viele Zuwanderer, auch muslimische, die in unserer Gesellschaft angekommen sind und sich wohlfühlen. Ich vertraue darauf, dass die westliche Gesellschaft für die allermeisten Menschen auf Dauer attraktiver ist als Beten, Fasten und schlechte Laune.

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  2. Tobias

    Hallo Herr Bittner,

    ich habe ihren Artikel gelesen, und er passt ganz gut zu ihren bisherigen Beiträgen ihres Blogs… Leider… :-)

    Ich finde es schade, dass auch hier wieder reichlich an Objektivität gespaart wird und Sie aus meiner Sicht sehr stark Stigmatisieren. In der gleichen Art und Weise „arbeitet“ ja Pegida auch, nur auf der anderen Seite der Waage.

    Beruflich als auch privat, habe ich Kontakt zu einigen Westdeutschen, hier hat sich gezeigt, dass auch den meisten dieser Personen die aktuelle völlig planlose Vorgehensweise mit der Flüchtlingskriese genauso „sauer“ aufstößt wie den Menschen im Osten der Bundesrepublik. Auch die aktuellen Umfragen hierzu zeigen, dass das bei weitem nicht nur ein ostdeutsches „Problem“ ist.

    Bis jetzt haben Sie in Ihren Artiekln meist ja nur auf die „bösen Hinterwäldler“ aus Sachsen „geschimpft“. Deswegen würde mich mal ein Statemant von Ihnen zur Flüchtlingskriese interessieren: Wie stehen Sie zu der aktuellen Politik und wieviel Flüchtlinge kann Deutschland aus Ihrer sicht mittelfristig aufnehmen und auch wirklich integrieren?

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    • Michael Bittner

      Objektivität liegt selbstverständlich nur dort vor, wo jemand Ihrer Meinung ist. Damit kann ich leider nicht dienen. Was Ihren zweiten Vorwurf angeht: Ich wüsste nicht, wo ich in diesem Beitrag jemanden stigmatisiert hätte. Wo genau in den Worten „viele Ostdeutsche“ oder „einige Sachsen“ finden Sie denn eine Pauschalverurteilung, die alle Ostdeutschen umfasste? Stigmatisiere ich mich als Ostdeutscher eigentlich auch selber? Noch kann ich an meinen Handflächen keine Wundmale erkennen.

      Dass Sie ein Statement von mir zur Flüchtlingskrise interessiert, freut mich, allerdings interessiert es mich weniger, ein Statement abzugeben. Aber wenn’s denn sein muss: Ich finde die deutsche Flüchtlingspolitik trotz aller Schwächen bisher noch einigermaßen human, die europäische hingegen katastrophal. Wie viele Flüchtlinge wir aufnehmen können, wird sich zeigen. Ich bin nicht allwissend und es ist lächerlich, Zahlenobergrenzen aus der Luft zu greifen. Eines scheint mir aber klar: Die selbstgerechten und egoistischen PEGIDA-Schreihälse und AfD-Rentner haben – im Gegensatz zu Millionen Deutschen, die gespendet und freiwillig geholfen haben – auch nicht das Geringste dazu beigetragen, die Krise zu bewältigen.

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      • Tobias

        „Objektivität liegt selbstverständlich nur dort vor, wo jemand Ihrer Meinung ist. “

        Wenn das so sein sollte, dann können wir uns aber die Hand geben ;-)

        Und nein, sie haben nicht expliziet geschrieben, das Sie alle Ostdeutschen meinen, aber es liest sich so… Und wie Sie sehen, bin ich nicht der Einzige dem das so geht… Deswegen auch Stigmatisierung ob nun gewollt oder nicht…

        “ Wie viele Flüchtlinge wir aufnehmen können, wird sich zeigen.“ Das ist für mein Empfinden auch der Ansatz unserer Bundesregierung… Traurig aber wahr, und das führt doch erst zu „Schluckauf“ wie Pegida.

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          • Tobias

            Entschuldigung wenn ich das jetzt so sage, aber diese Antwort ist ja wiedermal typisch von Ihnen und zeigt ganz deutlich, dass Sie es sind, der nur seine eigene Meinung respektiert.

            Und nein ich „wollte“ das nicht so lesen, aber ich habe es so gelesen, und bin offensichtlich nicht der Einzige…

            Ich habe mir den Artikel gerade nochmal genauer angesehen und es liest so, als ob Sie zumindest für einen Großteil der Ostdeutschen sprechen würden. Obwohl es nur Ihnen bekannte Einzelfälle und subjetive Wahrnehmungen Ihrerseits sind… Ergo, Sie stigmatisieren.

          • Michael Bittner

            Also, ich lese in Ihrem Kommentar eindeutig, dass Sie dafür sind, Katzenbabys zu ersäufen! Sagen Sie nicht, das stünde da gar nicht drin! Für mich liest es sich so! Mein Nachbar hat Ihren Kommentar eben auch gelesen und sieht das genauso. Sie sollten sich was schämen! Sie Katzenmörder!

          • Tobias

            Jetzt schlägt wieder das Bittner’sche „Antwort – Paradigma“ für unliebsame Kommentare durch… hatte aber auch nichts anderes erwartet… somit bin ich auch nicht enttäuscht worden ;-)

  3. Kathrin Schwedler

    In der Serie „Was ist deutsch“ sollen viele möglichst unterschiedliche Perspektiven verknappt dargestellt werden. Der Bittner-Artikel beleuchtet den eigenen Perspektivwechsel von einen Erschrecken über „westliche Dekadenz“ bis hin zu erlernter Tolleranz, die sogar ironisch als Ignoranz beschrieben wird. Wobei man einen schlagenden Vater egal welcher Ethnik durchaus anranzen kann. Oder den Sachsen sagt, dass Capri-Snne eine der billigsten Limos ist. Mehr Mut, Herr Bittner!
    P.S. : Die Deutschen waren nie eine reine Rasse. Als Transitland hat sich an Rhein, Donau und Elbe alles gemischt. Ganz zu schweigen davon, wie deutsche Stämme das römische Reich oder Nordafrika hin und wieder hordenweise geflutet haben. Das waren im Vergleich zu heute böse Zustände.

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  4. Steffen Meyer

    Hallo Herr Bittner, ich muss mich dem vorhergehenden Beitrag in der Weise anschließen, dass etwas mehr Objektivität dem Artikel gut getan hätte. Da wird reichlich oft allgemein von Ostdeutschland und den Ostdeutschen gesprochen und nicht nur von „einigen“.
    Es sollte nicht vergessen werden, dass z.B. auch die Stadt Dresden über 500.000 Einwohner hat und nicht nur aus „PEGIDA-Schreihälsen und AfD-Rentnern“ besteht. Bemerkenswert bedauerlich fand ich auch Ihre Wahrnehmung der Stadt während Ihres Studiums, die durchaus auch Anlass zur Selbstreflektion bieten könnte.
    Während meines Studiums in Dresden habe ich eine große Anzahl meiner ausländischen Freunde kennengelernt. Gerade die große Uni mit vielen ausländischen Studierenden gab vielfach die Gelegenheit dazu. Diese muss man aber auch nutzen wollen.

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    • Michael Bittner

      Lieber Herr Meyer, danke für Ihre kritische Anmerkung! Aber nirgendwo in meinem Beitrag werden alle Ostdeutschen zu Fremdenfeinden oder alle Dresdner zu PEGIDA-Anhängern erklärt. Eine solche Behauptung wäre völliger Blödsinn. Natürlich konnte und kann man auch in Dresden multikulturelle Erfahrungen machen und solche hatte natürlich auch ich, als ich noch in dieser Stadt lebte.

      Aber es gibt eben auch Probleme, von denen sehr viele Ostdeutsche betroffen sind, dazu gehört u.a. die mangelnde Erfahrung im Umgang mit Fremden. Über solche Probleme muss man doch sprechen dürfen, ohne gleich den reflexhaften Ruf „Du willst uns arme Ossis schlecht machen!“ zu hören zu bekommen, oder?

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  5. Steffen Meyer

    Lieber Herr Bittner, Sie dürfen aber nicht verkennen, dass viele der Süddeutsche-Leser mit Sicherheit noch nie in Ostdeutschland waren oder lediglich eine Tagesreise zu einem touristischen Highlight unternommen haben. Wenn Sie Thesen aufstellen: dass der „ganze Osten Provinz“ sei ,
    es “ Normalität“ sei, keinen Kontakt zu einem Menschen mit Migrationshintergrund zu bekommen und
    eine „Monokultur“ herrsche ohne keinen einzigen ausländischer Mitschüler oder Mitstudenten –
    dann besteht die Gefahr, dass einige Leser dies für bare Münze nehmen. Ich möchte auf keinen Fall Fremdenhass jeglicher Form beschönigen und Probleme, die in Ostdeutschland besonders deutlich zu Tage treten, kleinreden – jedoch ging es hier um die angemahnte Objektivität.

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    • Michael Bittner

      Lieber Herr Meyer, natürlich ist die Aussage, der ganze Osten sei Provinz, etwas überspitzt, aber doch, gerade was die Normalität von multikulturellen Erfahrungen angeht, auch nicht ganz unzutreffend. Dass zahlreiche Ostdeutsche keine persönlichen Kontakte zu ausländischen Mitbürgern haben, die über den Kauf eines Döners hinausgehen, werden Sie gewiss nicht bestreiten. Dass es an den ostdeutschen Universitäten auch ausländische Studenten gibt, ist erfreulich, das Gegenteil hatte ich auch nicht behauptet. Ausländische Mitschüler gab es in meiner Schule tatsächlich keine, was ein Extremfall gewesen sein mag.

      Insgesamt will ich noch einmal betonen, dass es mir überhaupt nicht um Ossi-Verdammung geht. Aber wir Ostdeutschen müssen, damit es besser wird, selbstkritisch sein statt uns als beleidigte Leberwürste gegen Kritik abzuschotten.

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      • Steffen Meyer

        Die „beleidigte Leberwurst“ hat schon Tradition, weil viele Ostdeutsche sich vom Rest der Republik nicht verstanden bzw. wahr – oder angenommen fühlen. Zum Teil kann ich es nachvollziehen, dass eine gewisse Ermüdung einsetzt, wenn nach 25 Jahren immernoch und immer wieder Grundsätzliches gegenüber gebürtigen Westdeutschen erklären muss. Zum anderen sehe ich auch eine Ursache in der Politik, die den Osten und seine Probleme Jahre lang als Sonderfall oder als marginal abgetan hat.
        Doch Sie schildern nun Ihre persönlichen Erfahrungen in dem Artikel. Ich schildere auch kurz meine: Einige meiner ehemaligen Kommilitonen, die immernoch in Dresden wohnen oder arbeiten, engagieren sich aktiv in Projekten für und mit Flüchtigen. Besuchen diese mich hier aktuell wohnhaft in den alten Bundesländern, müssen meine Gäste, auf ihren Wohnort angesprochen, sich für „Dresden“ rechtferigen oder mit pauschalen Stereotypen auseinandersetzten. Nicht zuletzt fußen solche Voreingenommenheiten auf groben Verallgemeinungen in den Medien und dieser Verantwortung müssen Sie sich auch stellen.

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        • Michael Bittner

          Sie haben völlig recht mit der Beobachtung, dass es im Westen auch billige Häme gegen die Ostdeutschen und Pauschalverurteilungen gibt. Aber wie anders kann man dem begegnen als durch kritische Reflexion der ostdeutschen Probleme durch Ostdeutsche? Wäre denn das Verschweigen besser? Und in meinem Beitrag stelle ich ausdrücklich fest, dass Fremdenfeindlichkeit kein spezifisch ostdeutsches Phänomen ist.

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  6. Gisela

    Hallo, Herr Bittner,

    mit „locker machen“ ist es in diesem Zusammenhang nicht getan.
    Anscheinend leben Sie auf einem anderen Planeten.
    Wenn ich in der Mitte einer westdeutschen Großstadt wie Frankfurt am Main als Mitteleuropäer faktisch zur absoluten Minderheit gehöre und mich in meiner Muttersprache nur noch bedingt verständigen kann, fühle ich mich da schlicht nicht mehr wohl. Damit sind auch genügend Bürger in meinem Umfeld bereits „überfordert“.
    Viele Bewohner einer großartigen (nein, ganz und gar nicht provinziellen) Stadt wie Leipzig würden zu recht sagen, dass sie keine solchen „Verhältnisse“ wollen.
    Auch die importierten Konflikte werden sicher nicht zum gesellschaftlichen Frieden beitragen.
    Und ein Land, das sich selbst aufgibt (so fühlt sich vieles für mich an, was derzeit abläuft), wird auch in Zukunft in der Welt nicht mehr hilfreich tätig sein können.

    Man soll doch auch bitte nicht so tun, als wäre untern den bereits hier Lebenden bisher alles ganz herzlich und liebevoll, und das gute Klima müsste nun nur noch auf die Neuankömmlinge ausgedehnt werden. Welch ein Hohn, wenn man die kalte unbehagliche Realität im Alltag erlebt.

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    • Michael Bittner

      Ich muss Ihnen leider eine schockierende Neuigkeit mitteilen: Die seltsamen Menschen, die Sie da in Frankfurt am Main gesehen haben – das sind auch Mitteleuropäer! Sie leben nämlich in Mitteleuropa. Das müssen Sie leider akzeptieren, auch wenn Ihnen die Farbe oder die Sprache dieser Menschen nicht gefällt. Ist Heimat für Sie wirklich nur ein Ort, wo alle gleich aussehen und gleich reden? Was für eine trauriger Ort!

      Das Misstrauen gegen Fremde ist nur eine Variante der Fremdheit, mit der, wie Sie richtig feststellen, auch die Einheimischen einander begegnen. Schade, dass Sie durch Ihre eigene Herzenskälte zu der „kalten unbehaglichen Realität“ beitragen, über die Sie klagen.

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  7. Pedroleum

    Zitat aus dem verlinkten Text: „Erst die persönliche Begegnung mit Fremden kann es den Ostdeutschen ermöglichen, die Menschen hinter den Vorurteilen zu entdecken.“

    So geschehen mit den Menschen, die aus Vietnam in die DDR gekommen sind, und mit deren Nachkommen. Anfang der 90er wurden sie in Ostdeutschland gejagt. Mittlerweile hat sich das Verhältnis zu ihnen entspannt und als Sündenbock müssen nun andere herhalten.

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