Claus Strunz träumt: Friedrich Merz muss in die FDP!

Das ist schon bitter. Da trommelt die gesamte Springer-Presse monatelang für den Kandidaten Friedrich Merz, lobpreist ihn als kernigen Konservativen, energischen Manager, unbequemen Querdenker, ja sogar als Liebling der Frauen – und am Ende verliert er bei der Abstimmung der CDU-Delegierten über den neuen Parteivorsitzenden trotzdem. Und das auch noch so klar, dass man nicht einmal über Intrigen und Wahlbetrug schwadronieren kann. Wie kann das sein? Da wird einer von der größten Zeitung Deutschlands zum Gewinner ausgerufen und stellt sich dann als Loser heraus. Merz hätte sich wohl besser nicht mit der Bild eingelassen, die bei einigen noch immer als Stimme des Volkes gilt, obwohl sie das Volk nicht einmal mehr davon überzeugen kann, die Bild zu kaufen. Die Auflage der Zeitung schrumpfte in den vergangenen Jahren fast so schnell wie das Ego von Friedrich Merz auf der Parteitagsbühne nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Zum politischen Erfolg brauche man nur Bild, BamS und Glotze, soll Gerhard Schröder einmal gesagt haben. Aber auf den hört ja auch keiner mehr. Friedrich Merz sei keineswegs in den achtziger Jahren stecken geblieben, schrieben die Springer-Journalisten treu, er sei ein hochmoderner Typ. Aber Merz‘ Vertrauen in die Bild beweist gerade das Gegenteil. Jetzt ist Trauerarbeit angesagt bei den Doppelverlierern. Neugierig fragt man sich: Wie wird zum Beispiel Claus Strunz, der bissigste Kettenhund bei der Bild, sein Trauma verarbeiten?

Die CDU hat mit dem klaren Votum für Armin Laschet und gegen Friedrich Merz ihren wirtschaftsliberalen, konservativen Flügel endgültig gestutzt. Millionen Wählerinnen und Wähler brauchen jetzt eine neue politische Heimat.

Die Wahl von Laschet war also ein christdemokratischer Akt der Selbstverstümmelung. Und der tief verletzte Claus Strunz erklärt sich zur Stimme von Millionen, die ebenso verwundet seien.

Aber der Verlierer des Parteitags hat noch genau eine Chance, nun doch zum großen Gewinner zu werden.

Und Claus Strunz hat noch genau eine Chance, im Irrtum recht zu behalten. Schauen wir zu, welchen Versuch er wagt:

Friedrich Merz musste in kürzester Zeit zwei Mal hintereinander erleben, dass seine politische Überzeugung in der Angela-Laschet-Union, der schwarzen Variante von Roten und Grünen, auf Parteitagen nicht mehr mehrheitsfähig ist.

Angela Laschet – ein Wortwitz fast so gut wie Armin Merkel, auf den Strunz leider verzichtet. Auch Armigela Maschet wäre möglich gewesen. Wie auch immer man es nennen will: Daran, dass die Merkel-Union nur die schwarze Variante der Roten und Grünen ist, kann kein Zweifel bestehen. Die AfD sagt das ja seit Jahren jeden Tag. Aber was soll Merz nun tun, um den Krakenarmen von Angela Merkel zu entgehen, die sich den dicken Armin Laschet schon einverleibt hat?

Er könnte nun, im dritten Drittel seiner Schaffenskraft,

Das ist sehr höflich ausgedrückt für: auf dem Weg in die Grube.

die Partei verlassen und in die FDP eintreten. Dort würde er einbringen, was den Liberalen derzeit fehlt: ein politisches Schwergewicht mit Strahlkraft bis weit ins konservative Lager!

Man kann Claus Strunz immerhin nicht die Originalität absprechen. Die Empfehlung, in die FDP einzutreten, um der politischen Bedeutungslosigkeit zu entgehen, hat wohl auf Erden noch nie zuvor jemand ausgesprochen. Von der Überzeugung, der dürre Merz sei ein politisches Schwergewicht, wird er wohl nimmermehr abzubringen sein. Wenn das Gewicht aber trotzdem nicht ausreicht, um ein Schlachtschiff wie die CDU zu versenken, warum sollte Merz es nicht einmal auf der schmalen Yacht namens FDP versuchen?

FDP-Chef Christian Lindner müsste es dazu abseits aller Eitelkeiten als Vorteil begreifen, dass zwei starke Männer besser sind als einer.

Claus Strunz vermittelt dem FDP-Vorsitzenden hier wirklich charmant, dass er nur ein halber Mann ist und eine bessere Hälfte namens Merz braucht, um ein echter Kerl zu werden.

Und Friedrich Merz müsste mit seiner persönlichen Unions-Biografie brechen, was einem überzeugten Konservativen heute sicher nicht mehr als Verrat ausgelegt würde, auch nicht als Trotz – sondern als Signal des Aufbruchs.

Zumindest Strunz würde ihm das so auslegen, sonst vermutlich niemand. Die meisten hielten Merz einfach für einen schlechten Verlierer. Nicht so Claus Strunz, der wohl auch zu den Leuten gehört, die nach einer Niederlage beim Schach eine Revanche im Halma fordern.

Eine profilierte, liberale Partei Deutschlands gäbe vielen Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl eines wirklichen Neubeginns. Sie hätte das Potenzial, bei Wahlen hohe zweistellige Ergebnisse zu erzielen und so zu einem starken Koalitionspartner künftiger Landes- und Bundesregierungen zu werden.

Hohe zweistellige Ergebnisse – also um die siebzig, achtzig Prozent? Das klingt ambitioniert. Es kann aber wohl nur gelingen, wenn die FDP endlich zu einer profilierten, liberalen Partei wird, was sie unter Christian Lindner offenbar nicht war, obwohl er ein starker Mann ist.

Merz und Lindner wären die zwei gegen den Rest der Schwarz-Grün-Rot-Blau-Links-Welt, die Deutschland droht. Oder anders gesagt: die Achse der Vernunft.

Schon wieder droht Claus Strunz eine Urheberrechtsklage von der AfD, die doch ohne Zweifel Erfinder der Legende ist, alle Altparteien von der CDU bis zur Linkspartei, von Hans-Georg Maaßen bis Katja Kipping, bildeten eine Achse der Unvernunft. Und dann soll auch noch die FDP statt der AfD die Rolle der einzigen Opposition spielen! Ob es wohl Claus Strunz irritiert hat, dass Merz und Lindner alle Gerüchte über einen Wechsel des Losers zur FDP sogleich energisch dementierten? Vermutlich nicht. Wir müssen seinen Plan eher als autogene Frusttherapie begreifen. Wenn es mit den rechten Männern bergab geht, bei der Bild wie bei der CDU, dann muss das ausbleibende Glück eben der eine für den anderen erträumen.

Wir machtlosen Menschen ohne Draht zur Elite haben es allerdings noch schlechter. Uns bleibt nur, so zu tun, als würden wir uns über die Lusche Laschet freuen. Immerhin ist es nicht der fiese Friedrich Merz geworden! So muntern wir uns gegenseitig auf. Der hätte vielleicht am Ende noch die Grenzen geschlossen und den Kapitalismus eingeführt.

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Quelle: https://www.bild.de/politik/kolumnen/kolumne/cdu-vorsitz-kommentar-von-claus-strunz-merz-muss-in-die-fdp-74931598.bild.html

Dieser Text entstand für die satirische Medienschau Phrase & Antwort, die ich gemeinsam mit dem Kollegen Maik Martschinkowsky fabriziere. Die nächste Ausgabe im Livestream gibt es am 24. Februar um 20 Uhr auf unserer Homepage oder unserer Facebook-Seite.

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