Aus meiner Fanpost (18): Lügenpresse entlarvt

Sehr geehrter Herr S***,

die Redaktion informierte mich, dass Sie geschrieben haben, weil Sie in meiner letzten Kolumne folgenden Satz nicht verstanden hätten: „Aber glücklicherweise zahlen ja die CIA, Angela Merkel und die Weisen von Zion hohe Bestechungsgelder an alle Schreiberlinge, die ihren Anweisungen gehorchen. Ein fairer Deal, wie ich finde!“

Ich dachte eigentlich, der Satz wäre völlig verständlich. Ich erhalte regelmäßig riesige, oft sogar zweistellige Summen von Vertretern der Weltverschwörung. Manchmal wird der Judaslohn aber auch in Form von Briefmarken oder frischem Gemüse ausgezahlt. Im Gegenzug muss ich nur laufend die Unwahrheit schreiben. Das ist manchmal schwierig, aber wozu arbeitet man schließlich für die Lügenpresse? Ich hoffe, Sie wissen nun Bescheid.

Mit freundlichen Grüßen, Michael Bittner

 

Sehr geehrter Herr Bittner,
ist das jetzt Ironie oder echt ? Ich hätte nicht gedacht, daß Sie als als Schreiber für die SZ den Mut aufbringen, von Lügenpresse zu sprechen. Alle Achtung !

Freundliche Grüße
*** S***

Termine der Woche

Am Montag (6. März) findet die zweite Ausgabe der neuen Berliner Lesebühne Zentralkomitee Deluxe statt. Ich lese neue Texte gemeinsam mit den tollen Kollegen Tilman Birr, Noah Klaus, Christian Ritter, Piet Weber und dem Gastautor Karsten Lampe. Los geht es um 20 Uhr im Monarch. Die Türen öffnen sich um 19:30 Uhr, der Eintritt kostet arbeiterfreundliche 5 Euro.

Ausnahmsweise an einem Mittwoch (9. März) kehrt die Dresdner Lesebühne Sax Royal in die scheune zurück. Die komplette Stammbesatzung ist mit an Bord: Mit mir lesen und singen der Dresdner Poet Stefan Seyfarth, Max Rademann, der Sohn des Erzgebirges und beste Kenner der Dresdner Neustadt, der Erzähler und Lyriker Roman Israel sowie der Leipziger Autor und Liedermacher Julius Fischer. Los geht es um 20 Uhr. Einlass ab 19:30 Uhr, Karten gibt es im Vorverkauf oder an der Abendkasse.

Am Freitag (11. März) gibt es eine neue Ausgabe der Görlitzer Lesebühne Grubenhund im Kino Camillo. Mit dabei sind neben mir mit neuen Geschichten wieder Udo Tiffert und Max Rademann. Los geht es wie immer pünktlich um 19:30 Uhr.

Am Sonnabend (12. März) bestreitet die Lesebühne Grubenhund dann noch ein Gastspiel in Glashütte. Udo Tiffert, Max Rademann und ich lesen eine Auswahl unserer schönsten Geschichten in der örtlichen Bibliothek. Los geht es um 18 Uhr.

Termine der Woche

Am Montag (1. Februar) feiert eine neue Berliner Lesebühne ihre Premiere, in der auch ich Flüchtling aus Sachsen nun eine literarische Heimat in der Hauptstadt gefunden habe. Sie heißt Zentralkomitee Deluxe und findet ab sofort immer am 1. Montag des Monats im Monarch am Kottbusser Tor statt. Mit dabei sind die tollen Kollegen Tilman Birr, Noah Klaus, Christian Ritter und Piet Weber sowie bei der Premiere als besondere Gastautorin Zoe Hagen. Die Zuschauer dürfen monatlich neue Texte, Musik und fortschrittliche Komik erwarten. Das Zentralkomitee Deluxe widmet sich den kleinen Freuden und Tücken des Zusammenlebens ebenso wie den großen Fragen des Daseins. Wir werfen einen kritischen Blick auf die politische Gegenwart und sind der Zukunft zugewandt. Die Türen öffnen sich um 19:30, der Eintritt kostet arbeiterfreundliche 5 Euro.

Am Donnerstag (4. Februar) moderiere ich wie immer am ersten Donnerstag des Monats den Dresdner livelyriX Poetry Slam in der scheune – diesmal ausnahmsweise zusammen mit Max Rademann. Der Dichterwettstreit beginnt um 20 Uhr, Einlass ab 19 Uhr. Es empfiehlt sich, Karten im Vorverkauf zu besorgen.

Aus meiner Fanpost (17): Reisepass und Anglerschein

Guten Morgen Herr Bittner!

Regelmäßig lese ich Ihren Blog und fühle mich sehr oft inhaltlich mit dem verbunden, was Sie schreiben. Zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen haben wir eine sehr ähnliche Sichtweise und sollte mir nach vielen ermüdeten Diskussionen einmal die Luft ausgehen, ermutigt es mich wieder einmal etwas von ihnen zu lesen.
In letzter Zeit begegnet mir in den Sozialen Medien oft folgende Aussage von Milos Zeman, die er während einer Ansprache traf: „Falls Sie in einem Land leben, in dem das Fischen ohne Angelschein bestraft wird, jedoch nicht der illegale Grenzübertritt ohne Reisepass, dann haben Sie das Recht zu sagen, dass dieses Land von Idioten regiert wird.“
Wir alle wissen natürlich, was er damit meint und in Anbetracht der aktuellen Flüchtlingssituation, finde ich wiederum diese Aussage ziemlich idiotisch, vor allem weil er einen Zusammenhang herstellt, der so nicht zusammen passt.
Meine Frage ist sicher ungewöhnlich, vielleicht stelle ich sie auch weil ich in keinem Medium bisher einen vernünftigen Kommentar oder Artikel darüber gefunden habe.
Hätten Sie denn nicht Lust und Zeit einen Blogartikel darüber zu schreiben?
Ihre Worte und Ihr Verstand ist scharf und Ihre Argumentation ist immer sehr analytisch und vernünftig.
Es würde mich freuen!

Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen!
Viele Grüße
**** S******

 

Lieber Herr S******,

danke für die freundlichen Worte! Leider leidet mein Blog gerade etwas darunter, dass ich zeitgleich viele andere Dinge zu tun habe. Ich möchte aber wenigstens kurz doch etwas über das Zitat sagen.

Wer das Asylrecht vom Besitz eines Passes abhängig machen will, der sollte es ehrlicherweise gleich ganz abschaffen. Denn Diktatoren haben nun mal die Angewohnheit, politischen Gegnern die Pässe abzunehmen. Und Flüchtlinge aus Kriegsgebieten werden nicht selten schlicht keine Gelegenheit finden, sich Pässe zu besorgen, weil es keinen funktionierenden Staat mehr gibt, der ihnen welche ausstellen könnte. (Dass es auch Migranten gibt, die ihre Pässe aus Angst vor einer Abschiebung selbst vernichten, ist dabei unbestritten.)

Überhaupt ist das ganze, zurzeit äußerst beliebte Gerede über illegale Einreise nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver. Die eigentliche Frage lautet: Wollen wir politisch Verfolgten und Bürgerkriegsflüchtlingen Asyl gewähren oder nicht? Ein Staat, der das nicht möchte, kann mit Leichtigkeit seine Gesetze so zurechtformulieren, dass kein Verfolgter und kein Flüchtling mehr legal einreisen kann. Deutschland war es vor der Flüchtlingskrise ja fast gelungen, durch seine Drittstaatenregelung und europäische Richtlinien eine solche Situation zu schaffen. Diese Regeln brachen allerdings in der Krise zusammen und auf neue können sich die europäischen Staaten nicht einigen. Am ehrlichsten wäre es, wenn alle Regierungen ihre Abschottungspolitik in folgendes sehr einfache Gesetz gössen: „§1 Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. §2 Niemand, der es bis an unsere Landesgrenzen schafft, wird politisch verfolgt.“ Man könnte den juristischen Firlefanz aber auch gleich bleiben lassen und ehrlich formulieren: Wir hassen die Armen und wir hassen die Hilflosen. Der Anlick ihres uns fremden Leides widert uns an. Wir wollen sie nicht bei uns haben. Wir werden jedes Mittel nutzen, um sie von uns fernzuhalten. Wir werden die Taten der Kriminellen und Terroristen, die sich unter die Flüchtenden gemischt haben, dazu nutzen, um unsere Bevölkerung gegen alle Flüchtlinge aufzuwiegeln und eine möglichst vollständige Abschottung zu verwirklichen.

Leider sind es nicht nur die Regierungen, die so denken, sondern auch ein großer Teil der Menschen in Europa. In dieser Frage sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Es wird keine „europäische Lösung“ geben. In Kürze werden auch die deutschen und alle anderen Grenzen geschlossen werden. Wenn das Mittelmeer zur abschreckenden Tötung von Flüchtlingen nicht mehr ausreicht, wird man mit Grenztruppen und Internierungslagern nachhelfen. So katastrophal dies für viele Menschen auch sein wird, immerhin ist damit eine Täuschung zerstört. Es zeigt sich dann ganz offen, dass die Europäische Union, so wie sie jetzt ist, keine „Wertegemeinschaft“ ist, sondern eine wertlose Gemeinschaft. Die Nationalisten, die Europa in dieses Scheitern getrieben haben, triumphieren dann zugleich in diesem Scheitern. Kurz gesagt: Ich bin nicht uneingeschränkt optimistisch.

Mit freundlichen Grüßen, Michael Bittner.

Termine der Woche

Am Donnerstag (14. Januar) feiert unsere Dresdner Lesebühne Sax Royal in der scheune ihren 11. Geburtstag – und diese Schnapszahl wird uns ganz gewiss zu literarischen Höchstleistungen motivieren. Mit mir lesen die Stammautoren Julius Fischer, Roman Israel, Max Rademann und Stefan Seyfarth. Zur Feier des Tages gibt es nicht nur neue Geschichten, Gedichte und Lieder, sondern auch einige besondere Überraschungen. Los geht es um 20 Uhr, Einlass ab 19:30 Uhr. Tickets kann man im Vorverkauf erwerben oder auch an der Abendkasse kaufen.

Am Freitag (15. Januar) lese ich wieder gemeinsam mit den wunderbaren Kollegen Max Rademann und Udo Tiffert in Görlitz bei der Lesebühne Grubenhund. Als Gast haben wir uns diesmal die Dresdner Autorin Sabine Dreßler eingeladen. Los geht es um 19:30 Uhr im Kino Camillo.

Aus meiner Fanpost (16): Im Gespräch mit PEGIDA (5)

Sehr geehrter Herr Bittner,

vielen Dank für Ihre Meinungsäußerung.
In einigen Dingen muß ich mich wohl nicht klar ausgedrückt haben

Feiern in Dresden : Besuchen sie mal eine Geburtstagsfeier mit älteren/alten Menschen. Das beherrschende Thema sind Krankheiten. Ähnlich ist es aktuell : Pegida und Flüchtlinge sind das Thema. Das versucht man zu umgehen da dieses das bestimmende, die Stimmung nicht gerade fördernde, Thema ist. Streit gibt es darüber nicht. Ob bei einer Feier, beim Frisör, im Fitnessstudio oder sonstwo – es ist wie ein Streichholz an trockenes Holz halten : es lodert = alle finden die Flüchtlingspolitik falsch

Zur Meinungsvielfalt. Heutige Berichterstattung über Pegida und Anti-Pegida am 04.01.16 : Pegida ca. 4.000 Teilnehmer – Anti-Pegida ca. 140 Teilnehmer – Das ist die Realität

Eines darf man natürlich nicht vergessen : Pegida ist nicht Dresden und Dresden ist nicht Pegida. Aber, egal zu welcher Demo ich gehe, ich habe eine Meinung. Diese Meinung der „schweigenden“ Masse einzuschätzen – woran misst man sie. Bestimmt nicht damit in dem man Umfragen heranzieht (wie die DNN Umfrage, veröffenlicht letzte Woche), deren Wahrheitsgehalt das Ergebnis der letzten DDR – Wahl bezüglich ihres Wahrheitsgehaltes in den Schatten stellt. Pegida ist doch für die Politiker eine willkommener Gegner die eigene Untätigkeit/Unfähigkeit zu kaschieren. Die Presse, naturgemäß immer etwas links, hat etwas rechtes, ausländerfeindliches ausgemacht, sich eingeschossen, die Politik sitzt in der Deckung. Wie sagte Hr. Ulbig sehr richtig 2015 : Bin ich froh, dass diese Jahr keine Wahlen sind !!

In Bezug auf die Massenwirksamkeit schadet sich Pegida regelmäßig selbst : Bachmann mit seinen verbalen Ausrutschern und Vergangenheit ist für die Dresdener kein Partner, die geschrieenen Losungen zwar keine Hetze aber eher Rummeltauglich, die Gastredner lediglich Stimmungsmacher, Frau Festerling wird in DD kaum einen Fuß auf die Erde bringen. Darum ist die Menge der Teilnehmer begrenzt. Als Kurt Masur starb wurde noch einmal seine Rolle bei den Demos Leipzig 1989 beleuchtet. Solch ein Mann an der Spitze – es würde anders aussehen.

Demokratie ja. Wobei doch jeder weiss, daß Geschichte/Politik immer von Einzelpersonen gemacht wird. Diese Person muß nur das Volk auf seine Seite ziehen, dann ist seine Meinung Volkes Meinung.

Eine klein wenig andere Frage. Vor einige Wochen geriet eine „Lehrerzeitung“ aus Sachsen-Anhalt in die Schlagzeilen weil dort ein Autor dazu aufforderte jungen Mädchen zu raten im Umgang mit Ausländern/ Flüchtlingen vorsichtig zu sein. Alle Welt = die Presse, nicht die Leser, waren empört – der Autor wurde zu einer Entschuldigung genötigt. Jetzt haben wir Sylvester in Köln, Hamburg etc. erleben müssen. Muß dieser Autor nicht rehabilitiert werden ob seiner realistischen Einschätzung ?

Mit freundlichem Gruß
*. L***

Sehr geehrter Herr L***,

danke für Ihre weiteren Erläuterungen zu Ihrem ersten Brief!

Es kann natürlich sein, dass in Ihrem persönlichen Umfeld in der Flüchtlingsfrage alle einer Meinung sind. Aber haben Sie einmal in Betracht gezogen, dass dieses Umfeld vielleicht nicht repräsentativ für die ganze Stadt sein könnte? Wir alle neigen dazu, unsere eigene Position für „normal“ zu halten und davon auszugehen, alle anderen müssten so denken wie wir. Jemand, der in der Dresdner Neustadt wohnt, trifft vielleicht auch nur Leute, die seiner Meinung sind – aber diese Meinung wäre dann eine ganz andere als Ihre.

Bei den Demonstrationen sind die PEGIDA-Anhänger meist in der Überzahl. Das zeigt aber nur, dass die PEGIDA-Anhänger hartnäckiger und zäher beim Demonstrieren sind als ihre Gegner, nicht dass sie in der Stadtbevölkerung in der Überzahl sind.

Offenbar glauben Sie wirklich, dass Meinungsumfragen von der Presse gefälscht werden. Ich glaube das nicht. Die Frage, ob auch die Dresdner Oberbürgermeisterwahl gefälscht wurde, beantworten Sie leider nicht. Aber ich gehe davon aus, dass Sie das nicht behaupten würden. Dann stellt sich die Frage: Warum erreicht PEGIDA oder die AfD nur ungefähr 10% der Stimmen, obwohl sich gewiss viele Menschen Sorgen wegen der Flüchtlingskrise machen? Mir scheint die Antwort klar: Weil die Anführer dieser Bewegungen keine respektablen Personen sind, weil sie nur Wutausbrüche, aber keine praktischen Lösungen anzubieten haben, und weil offenkundig ist, dass sie die ganze Krise gar nicht lösen, sondern vielmehr noch verschärfen wollen, um so die politische Macht ergreifen zu können.

Die Vorstellung, allein „große Männer“ machten Geschichte, ist naiv und von der Geschichtswissenschaft vielfach relativiert worden. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht tatsächlich entscheidend sein kann, wer an der Spitze einer Regierung steht. „Diese Person muß nur das Volk auf seine Seite ziehen, dann ist seine Meinung Volkes Meinung.“ Dieser Satz fasst die Ideologie der Volksgemeinschaft zusammen, die der Politik des Faschismus zugrunde liegt. Sie beruht auf zwei Unwahrheiten: Zum einen gibt es „das Volk“ nicht, sondern nur eine Menge von Individuen und Gruppen, die alle verschiedene Interessen und Meinungen haben. Und zweitens zieht ein faschistischer Führer dieses ominöse „Volk“ keineswegs ganz auf seine Seite, sondern er setzt mit Gewalt seine eigene Meinung als die einzig erlaubte durch und vertreibt, inhaftiert oder ermordet alle Andersdenkenden. Ich hoffe, Sie wünschen sich einen solchen Staat genauso wenig wie ich.

Über die widerlichen Verbrechen von Köln sind gewiss alle anständigen Menschen einer Meinung: Die Polizei hat in dieser Situation versagt, vielleicht auch, weil man sie in den letzten Jahren bis zur Handlungsunfähigkeit kleingespart hat. Die Täter sollten gefunden und bestraft werden. Was mich an den Äußerungen des Dr. Mannke störte und an aktuellen Äußerungen von AfD-Politikern zu diesem Fall stört, ist der Generalverdacht: Einige hundert Straftäter sind nicht „die Flüchtlinge“. Dass sich unter die nach Deutschland fliehenden Asylbewerber auch Kriminelle mischen, ist kaum zu vermeiden. In Dresden treibt zum Beispiel in der Neustadt seit Jahren eine Bande von Männern ihr Unwesen, die mutmaßlich aus Tunesien stammen. Über solche Probleme kann man offen sprechen und auch fragen, warum die Polizei und die Justiz sie nicht in den Griff bekommen. Rassistisch hingegen ist es, ganze Menschengruppen pauschal zu Vergewaltigern und Dieben zu erklären. Sie wünschen sich doch auch, dass nicht alle PEGIDA-Anhänger pauschal zu Nazis erklärt werden, oder? Wäre es da nicht gut, im Verhältnis zu Ausländern dieselbe Vorsicht walten zu lassen? Als vor einer Weile die junge Anneli von einem Sachsen und einem Bayern entführt und ermordet wurde, dachten Sie da: „Wieder ein typisch deutsches Verbrechen! So habgierig, feige und brutal können nur Sachsen und Bayern sein!“ Nein? Und warum nicht? Weil es Unsinn ist, eine ganze Nation für die Taten von wenigen Kriminellen verantwortlich zu machen? Das ist in der Tat unsinnig – und jetzt müssen Sie nur noch den entsprechenden Schluss ziehen.

Mit freundlichen Grüßen, Michael Bittner.

Termine der Woche

Am Dienstag (5. Januar) lese ich beim Berliner Kreuzbergslam. Mit dabei sind tolle Kolleginnen und Kollegen wie Leonie Warnke, Sandra da Vina, Tom Schildhauer und Jesko Habert. Los geht es um 20:30 Uhr im Lido.

Am Donnerstag (7. Januar) moderiere ich gemeinsam mit Stefan Seyfarth wie immer am ersten Donnerstag des Monats den Dresdner livelyriX Poetry Slam in der scheune. Der Dichterwettstreit beginnt um 20 Uhr.

Am Sonnabend (9. Januar) schließlich lese ich mit beim Kantinenlesen, dem Gipfeltreffen der Berliner Lesebühnen. Mit dabei sind neben Moderator Dan Richter auch Sebastian Lehmann, Tube und Ivo Lotion. Los geht es um 20 Uhr in der Alten Kantine der Kulturbrauerei.

Aus meiner Fanpost (15): Im Gespräch mit PEGIDA (4)

Sehr geehrter Herr Bittner,

im neuen Jahr wollte ich mir mal eine neue (für mich) Anti-Pegida-Meinung anhören und habe Ihr Interview vom 29.10.15 – Radio Colorado angehört. Das Erfreuliche daran war, dass Sie, im Gegensatz zu den meisten Anti-Pegidianern Gesprächsbereitschaft zum Thema signalisiert haben.

Sicher haben Sie von Ferne registriert, daß am 16.12.15 in der Kreuzkirche eine vom OB Hilbert initiierte Gesprächsrunde zum Thema rund um Pegida stattfand. Ich war leider verhindert – aber es gibt ja das Internet. Dort war zu lesen, dass sich einige von den „Guten“ der Diskussion verweigert haben. Grund: Pegida-Aktivisten dürfen reden.

Aus der Einleitung können Sie sicher entnehmen, dass ich den Pegida-Thesen nahe stehe. Ich habe mehrere Demos besucht und mir meine Meinung gebildet. Nicht nur aus den dort geführten Reden, sondern auch über Gespräche mit Bekannten, Freunden im Sportverein etc. Es gibt ja in Dresden 2015 ein alles beherrschendes Thema: Pegida. So beherrschend, dass bei Feiern aller Art schon oft die Parole ausgegeben wird: heute nichts über Pegida oder/und Flüchtlinge.

Ohne Details zu bewerten, im Gegensatz zur Zeitungsmeinung: Pegida spaltet Dresden nicht, sie eint. Richtiger ausgedrückt: der absolut überwiegende Teil der Dresdener kann den Thesen der Pegida mehr Sympathie abgewinnen als den Inhalten der aktuellen Politik. Warum das so ist? Das würde ein lange Liste füllen.

Und weil das in Dresden so ist sind die Dresdener alle fremdenfeindlich, rassistisch, Neonazis. Jeden Tag bekommen sie per Tagespresse eingebläut: dies oder jenes macht „die fremdenfeindlichen Pegida“. Sie verprügelt Ausländer, zündet Flüchtlingsheime an, verschreckt die Touristen, sorgt für Umsatzrückgang der Innenstadthändler, schadet dem Ansehen Dresdens.

Und genau in diese Kerbe – die Rechte Ecke – hauen Sie mit ihrem Beitrag. Dresden eine braune Hochburg, auch Dank einer jahrelangen Duldung gewisser Erscheinungen durch die CDU. Es ist sicher unstreitig, dass es in Sachsen regionale Hochburgen rechter Wähler gibt. Das gibt es anderswo auch. Unstrittig ist sicher auch, dass viele dieser Hochburgen durch die Initiative aus den alten Bundesländern entstanden. Genauso unstrittig ist die immer wieder geübte Praxis Kritik mit der rechten Keule zu erschlagen.

Das erklärt auch, für mich, die absolute Hilflosigkeit der Politik gegenüber Pegida. Wer will sich schon Seit an Seit mit der fremdenfeindlichen, rassistischen Pegida an einen Tisch setzen. Schon im Frühjahr 2015, als von der sächs. Staatskanzlei (anwesend Hr. Tillich) Rund-Tisch-Gespräche angeboten wurden, Herr Richter mit seinem Institut Gesprächsforen zum Thema leitete wurden sie als Pegida-Versteher abqualifiziert.

Liest man die Berichte von „Dresden nazifrei“ oder „wir sind Dresden“ über die Gesprächsrunde am 16.12.15 in der Kreuzkirche so werden die gesprächsbereiten Initiatoren und alle Teilnehmer als „fehlgeleitete“ Befürworter von Pegida abqualifiziert.

Herr Richter (Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung) wurde empfohlen seiner „gelernten“ Tätigkeit – Pfarrer – nachzugehen.

Alles nach dem Motto : Demokratie ist wenn alle meiner Meinung sind.

Wie wollen wir Probleme angehen wenn wir nicht miteinander über sie sprechen dürfen:

Ist es richtig Menschen aus aller Welt in Deutschland als Flüchtlinge aufzunehmen?

Sollte der Glaube dieser Menschen bei den Aufnahmekriterien eine Rolle spielen?

Darf eine Bundeskanzlerin deutsches oder europäisches Recht, ohne die Parlamente um Zustimmung zu fragen, außer Kraft setzen?

Haben wir mit der Aufgabe der Kontrolle über die Menge und den Status der Flüchtlinge nicht einen wesentlichen Teil der Souveränität unseres Staates verloren?

Ist es egal ob wir in den nächsten Jahren 2, 5, 10 oder gar 20 Mio Flüchtlinge aufnehmen?

Ist neben der wirtschaftlichen Frage der Versorgung dieser Menschen die Frage nach der Integrationserfordernis oder -willigkeit dieser Menschen erlaubt?

Wenn wir die Aufnahme und Integration dieser Menschen fördern, berauben wir dann nicht deren Herkunftsländer eines Teiles ihrer Zukunft?

Belohnen wir mit der Aufnahme der Flüchtlinge nicht eine verfehlte Förderung des eigenen Nachwuchses in Bezug auf Menge und Ausbildung?

Wie die Presse berichtet klagen öffentliche Verwaltungen, dass sie ca. 60% ihrer Arbeitszeit dem Thema Flüchtlinge widmen. Waren diese Verwaltungen bisher nur zu 40% ausgelastet oder müssen wir die nächsten Jahre davon ausgehen dass nur 40% der bisherigen Arbeit bewältigt werden kann?

Haben wir mit der Willkommenspolitik die Achtung oder das Unverständnis unserer europäischen Nachbarn erworben?

Nach der Ablehnungsquote müßten jeden Tag 5.000 Flüchtlinge Deutschland verlassen. Warum sind es jedoch nur 50?

Hat Frau Merkel mit Ihrem europäischen Alleingang die Idee Europa beerdigt?

Sollen deutsche Soldaten in Syrien eingesetzt werden während die Syrer selbst in den Erstaufnahme-einrichtungen in Deutschland nach medizinischer Versorgung und Essen anstehen?

Ich könnte seitenlang eine ganze Bandbreite Fragen formulieren die sich in erster Linie aus Frau Merkels Politik der offenen Arme ergeben. 200.000 – 300.000 Menschen pro Jahr aufzunehmen war bisher eine Standardgröße. Jetzt kommt die 4 – 5 fache Menge, die Wenigsten mit Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Ich gehe jede Wette ein, daß in 5 Jahren max. 10 % und in 10 Jahren nicht mehr als 20% der jetzigen Ankömmlinge in einem steuerpflichtigen Arbeitsverhältnis stehen.

Sind diese und ähnliche Fragen nicht berechtigt? Bin ich damit ein „Rechter“, gar ein Neonazi?

Der ehemalige Ausländerbeauftragte Sachsens, Herr Gillo, formulierte Ende letzten Jahres : „es stehen sich Traumtänzer und Verkünder der Apokalypse gegenüber“. Übersetzt : die Guten Deutschen und Pegida.

Wenn dem so ist – und es ist so – sollte es uns doch nicht daran hindern miteinander zu sprechen. Wir sind nicht mehr in der DDR, das vergessen die meist jungen Leute von „Dresden nazifrei“ u.ä. Die Meisten haben in der Schule scheinbar nicht richtig aufgepasst sonst würden sie einen politisch interessierten Fragesteller nicht einfach als Neonazi betiteln.

Nützt meine Aufregung ? Ich glaube nicht. Dabei habe ich in der Schule gelernt „Und handeln sollst du so als hing von dir und deinem Tun allein das Schicksal ab der deutschen Dinge und die Verantwortung wär dein“

Aber wer kennt das noch.

Mit freundlichem Gruß

*. L***

 

Sehr geehrter Herr L***,

vielen Dank für Ihren Brief! Gespräche sind immer nützlich und gut. Gerade in politischen Auseinandersetzungen sind sie die einzige Alternative zur Gewalt. Deswegen halte ich es auch für falsch, ehrlich gemeinte Gesprächsangebote von anständigen Menschen auszuschlagen. Erfreulicherweise haben ja auch viele Kritiker von PEGIDA an der von Ihnen erwähnten Veranstaltung teilgenommen und dort ihre Meinung gesagt.

Sie selbst haben bemerkt, dass bei Feiern in Dresden politische Gespräche oft unterbunden werden. Offenbar ist die Gefahr, es könnte zum Streit kommen, zu groß. Dazu passt nun aber nicht Ihre Behauptung, PEGIDA würde Dresden einen. Das Gegenteil ist offensichtlich der Fall: PEGIDA polarisiert. Für Ihre Einschätzung, der „absolut überwiegende Teil der Dresdener“ teile die Thesen von PEGIDA, spricht wenig. Umfragen ergeben, dass die große Mehrheit der Dresdner PEGIDA nicht unterstützt. Sind die Umfragen alle von der Lügenpresse manipuliert? Bei der Oberbürgermeisterwahl kam die PEGIDA-Kandidatin auf ungefähr 10 Prozent der Stimmen. Wurde das Wahlergebnis gefälscht? Wenn Sie das nicht glauben, dann müssen Sie akzeptieren: PEGIDA repräsentiert nur eine Minderheit der Dresdner. PEGIDA hat also kein Recht, für alle Dresdner zu sprechen. Die PEGIDA-Gegner haben dieses Recht aber auch nicht. Die Mehrheit der Bürger engagiert sich weder für noch gegen diese Bewegung. Die meisten Dresdner dürften einige Sorgen der PEGIDA-Anhänger teilen, viele Reden und Aktionen der PEGIDA-Anführer hingegen abstoßend finden.

Weder ich noch sonst ein vernünftiger Kritiker von PEGIDA hält alle Dresdner für fremdenfeindliche Neonazis. Das wäre ja blanker Unsinn. Einige PEGIDA-Gegner haben allerdings allzu pauschal mit Begriffen wie „PEGIDA-Nazis“ um sich geworfen, was ich schon vor geraumer Zeit kritisiert habe. Keineswegs geht es mir darum, „Kritik mit der rechten Keule zu erschlagen“. Es sind die Nazis, die mit ihren Keulen viele Menschen erschlagen haben. Deswegen halte ich es für wichtig, gegen Rassismus und Faschismus zu argumentieren. Gegen anständige und demokratisch gesinnte Menschen mit konservativen Ansichten habe ich hingegen nichts. Die Anführer von PEGIDA sind solche Menschen leider nicht, sie hetzen offen rassistisch und faschistisch. Und ein Teil der Mitläufer bei PEGIDA sind gewalttätige Neonazis. Ich glaube dennoch, dass viele PEGIDA-Sympathisanten – und gewiss auch Sie – mit Rassismus und Faschismus nichts zu tun haben wollen. Nur wird eine politische Bewegung eben meist danach beurteilt, was ihre Anführer reden und tun. Und wer zwingt Sie denn, Leuten hinterherzulaufen und zu applaudieren, die Menschen als „Kamelwämser“, „Schluchtenscheißer“, „Viehzeug“, „Gelumpe“, „Dreckspack“, „Schmarotzer“, „Surensöhne“ und „Invasoren“ beschimpfen? Leuten, die politisch Andersdenkende pauschal als „Volksverräter“ verunglimpfen und die mit einem gewaltsamen Umsturz drohen? Schon öfter habe ich von PEGIDA-Anhängern auf diese Fragen die Antwort gehört: „Ich stimme nicht mit allem überein, was da gesagt wird, aber ich weiß nicht, wo ich meinen Protest sonst äußern soll!“ Diese Schwierigkeit besteht gewiss wirklich, aber sie kann keine Ausrede dafür sein, sich mit einer verkehrten Sache zu identifizieren.

Alle Fragen zu den gegenwärtigen Problemen, die Sie am Ende Ihres Briefes stellen, sind legitim. Sie müssen öffentlich besprochen werden und werden ja auch in den Medien und den Parlamenten längst diskutiert. Ich hätte sicher vielfach andere Antworten auf diese Fragen als Sie, aber das ist in einer pluralistischen Gesellschaft ja kein Problem. Letztlich müssen Wahlen und Abstimmungen über die Flüchtlings- und Einwanderungspolitik entscheiden. Wer hindert Sie daran, für Ihre Überzeugungen öffentlich zu werben oder sich friedlich in einer Partei oder Bürgerinitiative zu engagieren? Niemand. Wenn andere Deutsche andere Überzeugungen vertreten und für diese möglicherweise eine Mehrheit gewinnen, müssen Sie das aber auch akzeptieren, wenn Sie sich zur Demokratie bekennen, wovon ich ausgehe.

Mit freundlichen Grüßen, Michael Bittner.

***

Hier geht es zur Fortsetzung des Gesprächs.