Zum Thema Gentrifizierung ist schon alles gesagt, aber noch nicht von jedem. Nun also ich: Vor einem Jahr bezogen wir unsere Wohnung im nördlichen Teil von Friedrichshain, hart an der Grenze zum Gelände des alten Zentralviehhofs. Der gehört schon zum Bezirk Prenzlauer Berg und wird seit Jahren eifrig mit Townhouses und Riesenmärkten für Dings und Bums bebaut. Im nördlichen Friedrichshain hingegen ging es noch ruhig zu, als wir ankamen. Doch neben unserem Haus klaffte schon ein Loch, ein Schild kündigte den Bau eines Komplexes mit Eigentumswohnungen an. Jetzt, ein Jahr später, steht das Ding da und wird bald bezugsfertig sein. Doch nicht genug damit: Unserer Mutter Erde wurden gleich nebenan viele neue Wunden beigebracht. Nicht weniger als ein volles Dutzend weitere Gebäude entstehen gerade gleichzeitig in den wenigen Straßen rund um die Samariterkirche. Der Gang durchs Viertel gleicht einem Hindernisparcours, denn ständig muss man die Straßenseite wechseln, weil Baunzäune und Container die Gehwege versperren. Riesige Lastwagen drücken ihre Spuren in den Asphalt, ein Kran neben dem andern ragt in den Himmel. Es gibt keine Baulücke mehr, die nicht gerade gefüllt würde. Wo keine Lücke ist, da wird eine geschaffen. Ein kleiner, wilder Park auf einer Brache wurde da zum Beispiel rabiat planiert. Da konnten auch selbstgemalte Plakate von den Kindern aus der Grundschule gegenüber nicht helfen: Bitte fällt unsere Bäume nicht! Wir brauchen frische Luft zum Atmen! Wir lieben unsere Pflanzen! – „Arschlecken!“, beschied die Baufirma und holzte. Und seltsam: Immer sind es Eigentumswohnungen der gehobenen Klasse, die errichtet werden. Als naiver Mensch könnte man ja annehmen, es gäbe eine Vorschrift, bei neuen Projekten auch Mietwohnungen einzuplanen – die gibt’s aber wohl nicht. Wie es nun auch immer kommen mag: Ich befinde mich inmitten eines Experimentalbaukastens und kann teilnehmend beobachten, wie sich ein Viertel, das unfreiwillig aufgewertet wird, so verhält. Bald werden hier hunderte neuer Menschen wohnen, was werden das für Gesellen sein? Die Biomärkte freuen sich schon, aber wird auch das Eisbein-Eck profitieren? Wird Friedrichshain prenzlauerbergisiert? Vor wenigen Wochen eröffnete sie schon, die Schwäbische Bäckerei.
Ich werde die Zeichen deuten und weiter berichten.
etwas verspäte gelesen – aber die impressionen alten an..
zu mal ich raum-zeitliche gegebenheiten teile..
erinnere mich noch als ich an einem viel zu kalten nassen tag vor deiner zukünftigen mietshaustür stand, um auf die ankunft des mobiliars und der zukunftigen neumieter zu warten.
und dann am sonnigen letzten sonntag, als ich mit einer gemeinsamen freundin zum sonntagsspaziergang die p-straße entlangschlenderte..
Geschockt. Erschreckt und voller Fragen:
Ey wo ist den die brache?
Was noch mehr kaufwohnungen?
Werde ich mir noch zurechtfinden, wenn ich statt straßennamen die bilderinnerungen zur orientierung verwende?
Welche grafitti werden woll die häuser zieren?
Wird mir das Jobcenter auch ein Darlehen für einen Eigentumswohnung geben?
mir fällts dann wie schuppen aus den haaren..
„misst.. Werde ich bald ausziehen müssen?“
Bei mir bauen sie nicht nur Kaufwohnungen sonder gleich die ganze Straße neu.
Danke zuletzt. denn du hast mir sehr geholfen, dass was nur als gefühle und ahnungen in mir waberte so schön in worte gefasst hast.
Wie sind den die schwäbischen Backwaren?
Besser als die Spezialitäten von dem vorder/zentralasiatischen?