Wird der neue Faschismus siegen?

In ganz Europa triumphiert die radikale Rechte. Die Gründe für diese Entwicklung sind leicht zu erkennen: Die Europäische Union in ihrer gegenwärtigen Verfassung scheint nicht in der Lage, die Probleme der Globalisierung, zu denen auch die Massenmigration gehört, zu bewältigen. Die Linke ist wiederum nicht in der Lage, ein überzeugendes Gegenmodell für eine demokratische und soziale europäische Einigung zu entwerfen. Also fliehen verängstigte Bürger allerorten zurück hinter die Burgmauern des Nationalismus und verriegeln die Tore. Besonders in politisch zurückgebliebenen ehemaligen Ostblockstaaten wie Ungarn, Polen und Sachsen regiert die Weltanschauung eines dümmstmöglichen Nationalismus jetzt nahezu unangefochten.

In meinem vorigen Beitrag PEGIDA und NSDAP – ein Vergleich hatte ich den Versuch unternommen, die neueste faschistische Bewegung zu charakterisieren. Unbeantwortet blieb die Frage, welche Erfolgschancen dieser Neofaschismus habe. Im Folgenden soll eine vorläufige Antwort skizziert werden. Eines lässt sich vorweg schon sagen: Wer meint, PEGIDA sei harmlos, da die Bewegung sich ja auf Sachsen beschränke, der hat offenbar vergessen, dass die NSDAP in ihren Anfangsjahren nichts war als ein vielfach belächeltes Münchner Lokalphänomen. Im Schulterschluss zwischen PEGIDA und Alternative für Deutschland deutet sich eine bundesweite faschistische Einheitsfront auch bereits an, Verbindungen zu neurechten Bewegungen in anderen europäischen Staaten sind ebenfalls längst geknüpft.

Ich gehe im Folgenden von dem Faschismus-Begriff aus, den der konservative Historiker Ernst Nolte in seinem Standardwerk Der Faschismus in seiner Epoche niedergelegt hat: „Revolutionäre Reaktion zu sein ist der Grundcharakter des Faschismus.“ Die historischen faschistischen Bewegungen schafften die liberale, pluralistische, bürgerliche Demokratie auf revolutionärem Wege ab und ersetzten sie durch eine diktatorische Einparteienherrschaft. Dies gelang ihnen aber nur „mit Hilfe der Konservativen“ und „unter einem gewissen Wohlwollen des Staates und der Polizei“. Sympathie und Unterstützung sicherten sich die Faschisten im Bürgertum und beim Staat aber, indem sie sich als Rettung der Nation vor der „kommunistischen Gefahr“ inszenierten. Für ihren Erfolg waren außerdem bestimmte äußere Umstände notwendig: Sie siegten in Staaten, die durch einen Weltkrieg und schwere ökonomische und politische Krisen destabilisiert waren.

Überprüfen wir nun, inwieweit PEGIDA und die Alternative für Deutschland dieser Beschreibung des Faschismus entsprechen. Eine „Revolution“ fordern viele Anhänger der neuen Bewegung, die sich in der Tradition der Revolution von 1989 sieht, ganz offen. Auch der Dresdner Politologe Prof. Werner Patzelt konstatiert, dass viele PEGIDA-Anhänger inzwischen nicht mehr nur eine andere Politik, sondern „einen anderen Staat wollen“. Die neue Bewegung beansprucht zugleich für sich, wahre und einzige Vertretung des ganzen Volkes zu sein, Andersdenkende werden als „Volksverräter“, die anderen politischen Parteien sämtlich als „Blockparteien“ (Frauke Petry) denunziert. Ist die ideologische Grundlage von PEGIDA darüber hinaus ein „faschistischer Nationalismus, der immer antihumanitär und narzißtisch ist“ (Nolte)? Das mag jeder selbst beurteilen.

Der wichtigste Unterschied zwischen altem und neuem Faschismus zeigt sich in der Wahl der Feindbilder. Der alte Faschismus richtete sich gegen den Liberalismus und den Marxismus, hinter beiden witterte er als Drahtzieher den Juden, der zum ultimativen „Haßbild“ (Nolte) avancierte. Obwohl auch bei PEGIDA gerne gegen „Linksversiffte“ gehetzt wird, spielt doch der Kommunismus kaum mehr eine Rolle. Zu schwach ist die Linke inzwischen, um noch als zugkräftiges Feindbild zu taugen. Offenkundig ist „der Islam“ in die Rolle der mobilisierenden Bedrohung gerückt. Angesichts der realen Gefahr, die vom militanten Islamismus ausgeht, verwundert der Erfolg des neuen Feindbildes nicht. PEGIDA kann mit seiner Warnung vor islamischen „Invasoren“ religionskritische Bürger, christliche Fundamentalisten und rassistische Feinde von „Südländern“ gleichermaßen ansprechen.

Ist auch die Praxis von PEGIDA revolutionär, also auf den illegalen, gewaltsamen Umsturz ausgerichtet? Der „Kriegszustand“ ist „die Norm des Faschismus“, schreibt Ernst Nolte. Die Faschisten provozieren üblicherweise einen Bürgerkrieg, in dem sie sich dann als Retter des Vaterlandes inszenieren können. Ganz in diesem Sinne eskaliert zur Zeit die rechtsextreme Gewalt in Deutschland. „Wir befinden uns bereits im Krieg“, rief Tatjana Festerling vor Kurzem auf einer PEGIDA-Kundgebung. Zugleich forderte sie – wie zuvor schon Jürgen Elsässer – die deutschen Soldaten und Polizisten auf, zu meutern und sich der neuen Bewegung anzuschließen. Damit wäre das faschistische Erfolgsszenario komplett: Eine „entschlossene und gut organisierte Minorität“ (Nolte) gelangt mit Hilfe von Heer und Polizei an die Macht. Das alles sind doch nur infantile Träume von geistig Verwirrten? Gewiss. Aber es wäre auch naiv zu verkennen, dass sich in den Reihen der Staatsdiener durchaus Sympathisanten von PEGIDA befinden. Lutz Bachmann protzt mit Freunden bei der Dresdner Polizei, die ihm interne Informationen weitergeben. In Hannover foltert ein Bundespolizist Flüchtlinge, ohne von Kollegen angezeigt zu werden. In Brandenburg hintertreibt ein Polizist mit rechtsextremer Weltanschauung jahrelang Ermittlungen. Auch an konservativen Politikern, die mit PEGIDA sympathisieren, mangelt es – wenigstens im schönen Sachsen – durchaus nicht. Die CDU-Landtagsabgeordnete Daniela Kuge fordert von ihren Bürgern, „auf ordentliche Art und Weise“ gegen eine neue Flüchtlingsunterkunft zu protestieren – woraufhin nachts besoffene Nazis randalieren und Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks angreifen. Der Sieg des Faschismus kündigt sich üblicherweise dadurch an, dass „Gesetzesverächter als Hilfspolizei“ (Nolte) eingesetzt werden. In Meißen grüßen Polizisten und Aktivisten der rechtsradikalen Bürgerwehr „Initiative Heimatschutz“ einander mit Handschlag.

Ich will nun aber nicht noch mehr Schwarz aus dem Farbtopf holen. Die Flüchtlingskrise ist ein ernstes Problem, aber längst nicht so existenziell wie ein Krieg oder eine Weltwirtschaftskrise. Die europäischen Demokratien, wenigstens jene des Westens, verfügen über eine republikanische und inzwischen auch multikulturelle Tradition, die sich nicht so einfach umwerfen lässt. Auch Ernst Nolte soll uns abschließend Zuversicht spenden: „Faschistische Bewegungen sind leicht zu besiegen, wenn der Staat es ernstlich will.“ Wenn – anders als in der Weimarer Republik – alle Demokraten sich gemeinsam den faschistischen Versuchen kompromisslos entgegenstellen, dann bleibt PEGIDA das, was es im Moment ist: ein schlechter Witz.

***

Ernst Nolte: Der Faschismus in seiner Epoche. Action française. Italienischer Faschismus. Nationalsozialismus. Mit einem Vorwort zur Taschenbuchausgabe. Zürich/München: Piper, 8. Aufl. 1990 [zuerst 1963]

Man verzeihe mir den kleinen Spaß, in der Auseinandersetzung mit PEGIDA einen Autor heranzuziehen, der am Ende seines Lebensweges beim Verlag des PEGIDA-Strategen Götz Kubitschek gelandet ist.

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Kommentare
  1. Bob Roberts

    ZDF sendet in “Maybrit Illner” den Kommentar eines rassistischen Facebook-Hetzers:

    Nein, gemeint ist nicht Frauke Petry von der AFD, die auch in der Sendung “Mörderische Hetze – zerreißt der Hass das Land?” zu Wort kam, sondern ein Zuschauer mit dem Pseudonym “Joe Heartfield”. Moderatorin Illner liest gegen Ende der Sendung folgende Zuschauermeinung vor und stellt anschließend eine Frage an Frauke Petry :

    „Joe Heartfield meldet sich zu Wort und sagt, wer die Ängste der Bevölkerung als Rassismus bezeichnet und sie deswegen ignoriert bekämpft keine Nazis, der züchtet sie. Wir sind wieder auf der anderen Seite. Lohnt es die Menschen, die da demonstrieren zu beschimpfen?”

    Dieses Statement tauchte unter anderem auf der Seite des besorgten “Joe Heartfield” auf. “Heartfield”, der auf Facebook seine Sympathien für Frauke Petry bekundet, bezieht sich in seinen Postings regelmäßig auf die Tempelritter und teilt Inhalte der Facebook-Seite “Templar Knight’s”. So auch den von der Illner-Redaktion ausgewählten Kommentar. Der Rechtsterrorist Anders Behring Breivik war ebenfalls erklärter Tempelritter der vor der “Islamisierung” warnte und den Kreuzug gegen den Islam predigte.

    https://machtelite.wordpress.com/2015/10/22/zdf-sendet-in-maybritt-illner-die-zuschauerfrage-eines-rassistischen-facebook-hetzers/

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  2. gastkommentaro

    Ihren ersten absatz werde ich in „menschen der mitte“-deutsch übersetzen:

    In ganz Europa gewinnt die Rechte bis hin zur radikalen Rechten an Einfluß. Die Gründe für diese Entwicklung sind leicht zu erkennen: Die Europäische Union in ihrer gegenwärtigen Verfassung scheint nicht in der Lage, die Probleme der Globalisierung, zu denen auch die Massenmigration gehört, zu bewältigen. Die gemäßigte Linke wird mit ihrer Begriffs- und Ideenwelt für diese Krise von Teilen der Bevölkerung verantwortlich gemacht. Die radikale Linke hat kein Interesse eine demokratische Einigung zu erzielen und sitzt längst in den Parlamenten als Totalopposition. Also fliehen desillusionierte Menschen allerorten zurück hinter die Burgmauern des Nationalen und verriegeln die Tore. Besonders in politisch konservativen ehemaligen Ostblockstaaten wie Ungarn, Polen und Sachsen ist dieses Verhalten zu beobachten.
    ………………….

    „In meinem vorigen…….faschistische Bewegung zu charakterisieren.“
    Ich dachte sie hätten gemeinsamkeiten und unterschiede zwischen pegida und der nsdap ausgearbeitet. durch diese gegenüberstellung haben sie pegida bereits als faschistische bewegung charakterisiert? meine hochachtung haben sie zu dieser leistung.
    „Unbeantwortet blieb die Frage, welche Erfolgschancen dieser Neofaschismus habe. Im Folgenden soll eine vorläufige Antwort skizziert werden.“
    die antwort ist ganz einfach: sollte es der momentanen bundesregierung nicht gelingen, die einwanderungsfrage halbwegs sinnvoll zu lösen, dann ist aufgrund der momentanen zurückhaltung der linken ein rechtsruck unvermeidbar. sollte dieser rechtsruck auch keine spürbaren verbesserungen erzielen, ist die wahrscheinlichkeit für ein totalitäres system gegeben, da auch die wahrscheinlichkeit eines wirtschaftlichen abschwungs und somit soziale verteilungskämpfe anzunehmen sind. ob wir dann einen deutschen faschismus oder ein natoprotektorat oder, oder, oder…alle diese varianten wären eher sehr unangenehm.
    ob wir ausarbeiten, dass alle pegidainesen bösartige faschisten sind und wir berufsverbote für diesen abschaum verhängen und die führer in den knast werfen und wir uns nochmal sonnen in unserer wirklich tollen neuen deutschen menschlichkeit, spielt keine rolle.

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  3. Chris Pyak

    Die derzeitige Krise offenbart die Schwäche der Europäischen Union in der jetzigen Form.

    Wir haben ein Europa der Nationalstaaten – und dieses nationale Europa ist offensichtlich überfordert. Obwohl Herausforderungen erkennbar sind, wird jede Entscheidung bis zum letzten Moment hinausgezögert – und dann laufen 28 Nationalstaaten wie Hühner im Hühnerstall umher, kopflos und ohne Entscheidungskraft.

    Wir müssen einen Sprung nach vorne wagen – nicht mehr Trippelschritte. Wir brauchen ein Europa der Bürger. Eine föderale „Bundesrepublik Europa“ mit einem starkem Parlament, einem vom Parlament gewählten europäischen Premierminister und einer gemeinsamen Außen- und Verteidigungspolitik.

    Nur gemeinsam können wir Ereignisse gestalten – anstatt immer nur zu reagieren.

    Noch eine zweite Krise wird offensichtlich: Die Krise kollektivistischer Ideologien. Es ist kein Zufall dass Pegida dort am stärksten ist, wo der einzelne Mensch über Jahrzehnte verachtet wurde.

    Nur Respekt vor dem Individuum, sichert … Respekt vor dem Individuum. Darum sind es die liberalen (!) Werte die wir heute verteidigen müssen.

    Wer die offene Gesellschaft erhalten und Europa zukunftsfähig machen will, sollte sich deshalb den europäischen Liberalen anschließen:
    http://www.aldeparty.eu/en/members/associate-membership

    Die ALDE party ist der modernste Ausdruck der offenen Gesellschaft und der natürliche Gegner aller nationalistischen Bewegungen in Europa.

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  4. Tobias

    Ein Vorweg, diese ganze Pegida Bewegung schadet nur, es schadet Dresden und Sachsen in ihrem Ansehen. Und was noch viel wichtiger ist, es lenkt vom eigentlichen Problem ab. Die Bundesregierung, federführend das Kanzleramt handelt ohne erkennbare Strategie!

    Auf der einen Seite sagt unsere Kanzlerin, kommt alle zu uns… Auf der anderen Seite wird jetzt mit der Türkei verhandelt und es sollen die Außengrenzen geschützt werden, damit doch nicht so viele Menschen kommen.

    Hier wären klare Signale wesentlich besser gewesen (vor allen Dingen auch eine Aufklärung der Menschen vor Ort, dass bei uns auch nur Zeltstädte und Tunrhallen auf sie warten)…

    Jetzt nochmal zum Thema Islam, das sollte man auch etwas objektiver betrachten, denn in gewisser Weise ist das auch ein Grund für den Bürgerkrieg… Sunniten gegen Shiiten… Suadi Arabien, dass den IS unterstützt… Im großen und ganzen hat sich der Islam in den arabaischen Ländern seit dem Angriff auf Mekka 1979 immer weiter radikalisiert.

    Was der ganzen Pegida Bewegung auch noch Zuspruch bringt, ist eben auch das Auftreten einiger Flüchtlinge (Kleinkriminalität/ Vergewaltigungen/ Pöpeleien), hier entsteht auch der Eindruck, dass ein Teil der Flüchtlinge gar nicht froh ist erstmal aus dem Kriegsgebiet entkommen zu sein. Das ist aber wenigstens auch schon bei der Politik angekommen….

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  5. GB

    Es fällt mir trotz der Argumentation des Autors schwer in PEGIDA eine faschistische Bewegung zu erkennen. Dem Fazit kann ich mich jedoch anschließen, PEGIDA verkommt zu einem Witz der Geschichte, wenn man sich dieser Bewegung richtig entgegen stellt. Aber was ist richtig? Nicht richtig ist jedenfalls, was man jede Woche zusammengefasst unter dem Stichwort Gegendemonstration in Dresden besichtigen kann. Ein kurz aufflackernder Protestzug, der sich in Gewalt und Gegengewalt artikuliert und anschließend wieder in sich zusammenfällt. Fahrradklingeln und Musik gegen Redebeiträge. Übertönen von Argumente mit Lautstärke. Das ist Ausdruck der vom Autor beschriebenen Konzeptlosigkeit der Linken. Gefordert sind jedoch klare Antworten auf die für alle sichtbaren Krisen dieser Zeit, auch wenn es schwer fällt, weil die Zusammenhänge komplex und kaum zu durchschauen sind. Nationalismus ist ein Lösungsangebot, was sich gerade in den östlichen EU-Staaten wieder ausbreitet. Es ist eine natürliche Reaktion auf vermeintlich drohende Gefahr und keineswegs „dumm“. Kurzfristig ist sie sogar erfolgreich, wie man am Beispiel Ungarns sieht, was sich der Flüchtlingskrise tatsächlich durch den Bau eines Zauns scheinbar entledigen konnte. Aber nur scheinbar, weil die Krise damit nicht gelöst ist und Europa weiterhin bedroht, auch Ungarn. Es braucht also den Erkenntnisgewinn, dass Europa nur gemeinsam die Stärke aufbringt, dass ein großer Tanker in der globalisierten Welt eben doch im stabileren Fahrwasser schwimmt als eine kleine Nußschale mit Herrn Orbán als Kapitän.

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    • Michael Bittner

      Man kann statt von „Faschismus“ auch milder von einer „vulgärdemokratischen“ Bewegung sprechen, wie das etwa Prof. Patzelt tut. Wir sind das Volk und jetzt macht gefälligst, was wir fordern!

      Was Nationalismus und Europa angeht, bin ich ganz Ihrer Meinung. Kurzfristig kann Abschottung helfen, aber langfristig wäre sie für den ganzen Kontinent katastrophal. Dann wären wir wieder im 19. Jahrhundert gelandet, mit dem einzigen Unterschied, dass wir nicht einmal die sozialistische Utopie mehr hätten.

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  6. Paul Lenz

    @GB
    Die Frage, ob PEGIDA eine faschistische Bewegung ist, ist schnell beantwortet. „Es riecht nach Kristallnacht“ sang BAP schon vor geraumer Zeit, und nie war der Geruch so stark wie jetzt. Zur Abwechslung geht es diesmal nicht gegen Juden und Synagogen, sondern gegen Muslime und Moscheen. Die Beweggründe sind aber die gleichen wie damals, es ist der gleiche Geist.
    Der Unterschied zu damals wird sein, dass es eine starke Gegenbewegung gibt, und die Sache kann in einen Bürgerkrieg münden: Gutmenschen gegen Schlechtmenschen.

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    • GB

      Die Frage, ob PEGIDA eine faschistische Bewegung ist oder nicht, finde ich tatsächlich weitgehend nebensächlich im allgemeinen Diskurs, der eine Lösung von Krisensituationen zum Ziel hat.
      Die Frage nach Faschismus in Pegida stellt sich jedoch umso mehr für eine antifaschistische Gegenbewegung, deren Existenz weitgehend von der Stärke oder überhaupt dem Vorhandensein des Faschismus abhängt, im übrigen auch umgekehrt. Es ist also ein erklärtes Interesse von bestimmten Kreisen, einer Bewegung den Faschismus nahezulegen, weil man damit sehr gut Antifaschismus und Gegengewalt gegen Gewalt legitimieren kann. Oder anders ausgedrückt, es ist der Traum der Antifabewegung, ein starkes Feindbild zu haben, weil man so auf eine große Gegenbewegung bauen kann. Also redet man fleißig den Gegner stark und baut Drohkulissen auf, nichts ist bequemer und einfacher, aber auch notwendiger. Ein Bürgerkrieg bedarf viel mehr. Er bedarf der vollständigen Vereinnahmung der, um ihre Worte zu benutzen, Gutmenschen durch die Antifa und die Schlechtmenschen durch eine reaktionäre Bewegung. Das sehe ich überhaupt nicht. Ich beobachte eher, dass die Gutmenschen sich von der Antifa abgrenzen und die Schlechtmenschen bei Pegida von z.B. allzu radikal-tendenziösen Thesen eines Akif Pirincci.

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      • Michael Bittner

        Ich komme ja auch zu dem Schluss, dass wir keine existenzielle Gefahr für unser Gemeinwesen befürchten müssen. Aber eine vielleicht übertriebene Warnung ist doch immer noch besser als eine Verharmlosung, oder?

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  7. Adam Slaby

    Interessanter Artikel. Jedoch finde ich Aussagen über „zurückgebliebene Staaten des ehemaligen Ostblocks“ problematisch. Ja, die politische Konstellation ist anders und lässt viel zu wünschen übrig. Jedoch sollten 25 Jahre nach der Wende nicht anti-OME-Vorurteile durch derartiges Vokabular reproduziert werden. In letzter Zeit ist es traurig zu beobachten, dass vor allem sozialdemokratische Politiker „Osteuropa“ (sic!) – es ist eigentlich Ostmitteleuropa – „Un“solidarität vorwerfen und den Ländern das Geld streichen wollen.
    Es sollte dabei nicht vergessen werden, wie die Beziehungen West-Ost unmittelbar nach 1989 sich entfalteten. Ein einziger Ostblock-Staat wurde gezielt aufgepäppelt – die ex-DDR. Und selbst da erfolgte bis heute, trotz der Billionen an D-Mark, eine vollständige Angleichung an den Westteil der BRD. Mit der EU kamen dann die Außengrenze und deren damals ernst genommener Schutz. Die Gleichberechtigung West-Ost schien weit und es äußerte sich auch in vielen, Stereotyp- und Vorurteilsgeprägten Bildern und Behandlung (Empfehlenswert: Polizeiruf 110-Folge „Arme Schweine“). Und selbst nach dem EU-Beitritt war es eine SPD-geführte Regierung, welche die 2-3-2-Regelung zur Aussetzung der Freizügigkeit einführte, Deutschland dann diese vollends durchzog. Auch das sind Aspekte, die bei der Einforderung von Solidarität seitens der BRD zu berücksichtigen sind.
    Fragen sich die sozialdemokratischen und linken Politiker der Westländer, wie es den tschechischen, polnischen, ungarischen Rentnern geht? Wieso die Menschen in diesen und anderen OME-Staaten so niedrige Gehälter haben bei annähernd gleichen Preisen für viele Sachen und ob dies gut für ein gemeinsames Europa ist? Sicher, es kann nicht nur an den westlichen Politikern liegen, dies zu verbessern. Da müssen freilich auch die heimischen OME-Politiker anpacken. Aber wäre es da nicht ideal, im Rahmen der Flüchtlingsfrage auch die gesamteuropäische soziale Frage aufzugreifen? Statt mit Fördergeldkürzungen zu drohen, gemeinsam – zumindest unter der Linken – zu sagen, packen wir es zusammen an, zugunsten besserer Löhne in OME, höherer Renten, sozialer Sicherung und auch um damit bessere finanzielle Möglichkeiten in mehreren Staaten zu schaffen, um die Migrationswelle zu bewältigen? Ich denke, ja!

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    • Michael Bittner

      Ich sprach von „politisch zurückgebliebenen“ Staaten und meinte damit nur: Mangel an demokratischer Kultur und aktiver Bürgergesellschaft; mangelnde Erfahrung mit Pluralismus, Religionsvielfalt und Multikulturalität.

      Ihren sonstigen Vorschlägen stimme ich ganz zu.

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      • Adam Slaby

        In der Tat, ich habe das Adjektiv „politisch“ vergessen. Dennoch: Es sind 25 Jahre nach der Wende, bald sogar schon 26. Von daher war meine Position die, ob der rhetorische Bezug auf den „Ostblock“ überhaupt notwendig ist und ob er eben nicht schädlich ist. Gegenbeispiel: Hat man 1970, also 25 Jahre nach der Niederlage Deutschlands im 2.WK die BRD als ex-Nazistaat bezeichnet oder als Land ohne demokratische Pluralitätserfahrung?

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        • Michael Bittner

          Es geht mir gar nicht darum, Ost(mittel)europäer irgendwie zu diskreditieren. Aber der Rückstand in der demokratischen Entwicklung und eine größere Labilität sind doch Tatsachen. Dafür haben die Menschen im Osten umgekehrt vielleicht wirklich noch ein größeres Gespür für soziale Ungerechtigkeit.

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          • Adam Slaby

            Im Blog lässt es sich schlecht diskutieren und es ist ja auch Ihr Blog, den ich nicht zumüllen will :-) Eins aber noch: Die Menschen in OME haben m.E. kein Gespür für soziale Ungerechtigkeit – sie ist Teil ihrer Realität und das Wohlstandsgefälle, gegen das niemand im Westen was hat und gemeinsam mit OME, was tut ist auch eine Bedrohung für Europa. Und – rechte und populistische Parteien in GB, CH, B, FIN, S,F zeigen, dass das Problem nicht nur Länder Ostmitteleuropas betrifft, der Grund also nicht nur in dem Postkommunismus zu suchen ist…Schönen Abend!

  8. pedroleum

    Neu ist die Echolalie, die bei Pegida- und AfD-Änhängern und -Vertretern auftritt, wenn sie kritisiert werden. Dann findet eine Art kommunikativer Abwehrmechanismus statt, bei dem die Kritik einfach umdreht wird und auf den Kritiker zurückfällt. Bei Pegida ist diese Angewohnheit stärker ausgeprägt als bei der AfD.

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