Vor einer Weile sah ich einen Bericht über die selbstfahrenden Lastkraftwagen der Zukunft. Noch seien nicht alle technischen Probleme gelöst, so erfuhr ich. Auch seien noch rechtliche Fragen offen, wie etwa die, wen die Leute, die in Zukunft von führerlosen Trucks überfahren werden, für ihr Unglück verantwortlich machen können. Die Entwickler äußerten sich aber zuversichtlich, das autonome Fahrzeug werde bald kommen. Mir hingegen wurde mulmig beim Anblick des Lenkrads, das sich selber drehte. Es ist schon erstaunlich, wie energisch die Menschheit an der Abschaffung des Menschen arbeitet.
Man wird einwenden, dass Maschinen schon immer die Arbeit von Menschen überflüssig gemacht haben. Das sei eben der Fortschritt. Ich frage mich bloß, ob wir uns nicht langsam einer Grenze nähern. In fast allen Staaten der westlichen Welt existiert schon eine Massenarbeitslosigkeit, die auch in Zeiten des Aufschwungs nicht verschwindet. Und die fortschreitende Automatisierung wird bald noch unzählige weitere Jobs vernichten, gerade für Menschen mit geringer Qualifikation. Supermärkte, so hört man, testen vollautomatische Bezahlsysteme, die demnächst Kassiererinnen überflüssig machen werden.
Sinnvolle Arbeit kann Freude bereiten. Andere Arbeit ist aber nur notwendiges Übel. Deswegen ist es an sich erfreulich, wenn Roboter uns stupide Arbeit abnehmen. Ich begrüße dies ausdrücklich, da ich dem Phänomen Arbeit ohnehin kritisch gegenüberstehe. Nur leider ist der Kapitalismus bislang so organisiert, dass Menschen, die selbst kein Kapital besitzen, nur dann einen Teil vom gesellschaftlichen Reichtum abbekommen, wenn sie an der Produktion von profitablen Waren beteiligt sind. Derweil produziert eben dieser Kapitalismus aber immer mehr Leute, für die er keine Verwendung hat. Bald werden politische Führer auftauchen, die nach einer Entsorgung dieser überflüssigen Menschen rufen.
Wäre es da nicht an der Zeit, über Alternativen zur bestehenden Ordnung nachzudenken? Über eine Gesellschaft ohne Zwang zum Wachstum, über die Anerkennung gemeinnütziger Arbeit, über ein Grundeinkommen? Das alles sind wichtige Fragen. Es ist schade, dass wir gerade keine Zeit für sie haben, weil wir stattdessen darüber diskutieren, ob ein gewisser Björn Höcke ein Dreiviertel- oder ein Sechsachtel-Nazi ist.
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Dieser Text erschien zuerst als Kolumne der Rubrik Besorgte Bürger in der Sächsischen Zeitung.