Wenn jemand, der versprochen hat, unser zerschlagenes Porzellan wieder heil zu machen, mit einem Hammer anrückt, dann wundern wir uns. Ähnliche Verwirrung herrscht derzeit um die linke Sammlungsbewegung „Aufstehen“. Deren lauteste Stimme ist bislang Sahra Wagenknecht, die in ihrer Karriere immer wieder aufs Neue das Talent bewiesen hat, die Geister zu scheiden. Die Frau, die alle Linken sammeln möchte, hat es bislang noch nicht einmal geschafft, die eigene Partei hinter sich zu versammeln. Es vergeht kaum ein Tag, an dem Wagenknecht sich nicht mit scharfen Worten für eine strengere Einwanderungspolitik ausspräche. Ihre Forderungen sind inzwischen härter als jene, die man aus den Reihen der Union hört, denn sogar geregelte Arbeitsmigration ist Wagenknecht ein Gräuel. Dass sie mit ihren Deutsche-zuerst-Parolen viele jener Linken verschreckt, die sie doch eigentlich anlocken sollte, scheint sie nicht zu stören.
„So wie Nationalisten über Grenzen hinweg zusammenarbeiten können, kann man auch auf der Ebene des Nationalstaats für internationale Solidarität eintreten – wenn man denn nur will.“
Eben. Und damit liefern Sie doch selbst das Argument gegen „No Nation, No Borders“: die Abschaffung des Nationalstaates ist nämlich garnicht erforderlich für soziale Politik.
Im übrigens muss „No Borders“ keinesfalls heissen, das Kriminell freie Fahrt haben, ebensowenig, wie das man ungebetene Gäste in sein Haus lassen muss. Wenn man denn nur will, kann man „No Borders“ vernünftig interpretieren. Aber das will anscheinend keine Partei im Bundestag.
Man kann auch auf der Ebene des Nationalstaats schon linke Politik machen, aber nur in begrenztem Rahmen. Denn solange der Nationalstaat das wesentliche Forum der Politik ist, werden auch nationale Interessen immer letzter Zweck bleiben. Man sieht das deutlich am Schicksal der Flüchtlinge, die keinen Nationalstaat mehr haben, der sich um sie kümmert. Sie wären ohne internationale Verträge und Institutionen völlig rechtlos. Inzwischen pfeifen immer mehr Nationalstaaten aus Egoismus auf ihre Verpflichtungen, man lässt die Flüchtlinge sterben, denn sie haben keine Nationalität mehr, die sie schützen könnte.
Dass der Staat neben der Kommune, der Region, dem Staatenbund und den Weltorganisationen immer eine politische Rolle spielen wird, scheint mir auch klar. Aber damit ist weder gesagt, dass er „Nationalstaat“ im alten Sinne bleiben, noch dass er ewig die wichtigste Rolle einnehmen muss.
In Sachen Krimineller argumentieren Sie gegen einen Popanz. Abgesehen von einem Teil der Linkspartei sind alle anderen Parteien der Meinung, dass Terroristen und Verbrecher sich nicht auf das Asylrecht berufen können und, wenn möglich, abgeschoben werden sollten. Das steht auch so im Aufenthaltsgesetz.