Überfordert uns!

Einer der Sätze, die ich von anderen Ostdeutschen im letzten Jahr am häufigsten gehört habe, lautet: „Wir wollen bei uns keine westdeutschen Verhältnisse!“ Die Menschen, die das sagen, wehren sich mit diesen Worten nicht gegen höhere Löhne oder kürzere Arbeitszeiten. Was sie meinen, ist: Wir wollen bei uns im Osten nicht so viele Ausländer wie im Westen. Mehr noch: Viele Ostdeutsche blicken mit völligem Unverständnis, ja mit Abscheu auf die Selbstverständlichkeit, mit der Westdeutsche und Mitbürger ausländischer Herkunft zusammenleben.

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Termine der Woche

Am Donnerstag (10. Dezember) gibt es eine neue Ausgabe unserer Dresdner Lesebühne Sax Royal. Wenn Dresden in weihnachtliche Stollenbesinnlichkeit versinkt und Sitzblockaden gegen die Ankunft von Maria und Joseph organisiert werden, bleiben wir wie jedes Jahr standhaft heiter und fies. Neue Geschichten, Gedichte und Lieder präsentieren mit mir die Stammautoren Roman Israel, Max Rademann und Stefan Seyfarth. Außerdem begrüßen wir einen besonderen Gast: Die Leipziger Poetin Leonie Warnke kommt zu uns und bringt einige ihrer witzigen und engagierten Texte mit. Los geht es wie immer um 20 Uhr in der scheune. Karten gibt es im Vorverkauf oder an der Abendkasse.

Am Freitag (11. Dezember) lese ich wieder gemeinsam mit den Kollegen Max Rademann und Udo Tiffert in Görlitz bei der Lesebühne Grubenhund. Als besonderen Gast begrüßen wir diesmal außerdem die Autorin Gesine Schäfer aus Dresden. Los geht es um 19:30 Uhr im Kino Camillo.

Termine der Woche

Am Montag (30. November) veranstaltet der Verein Projekt 21 II, ein Bündnis zum Schutz der Demokratie, in Dresden ein Symposion zum Thema „Sprache und Politik“. Die Tagung beginnt um 14 Uhr. Ich lese ab 16:30 Uhr einige Texte, die sich mit der Sprache der PEGIDA-Bewegung befassen. Das Ganze findet in der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung statt.

Am Donnerstag (3. Dezember) moderiere ich wieder gemeinsam mit Stefan Seyfarth den Dresdner livelyriX Poetry Slam in der scheune. Mit dabei im Dichterwettstreit sind diesmal Sandra da Vina, Piet Weber, Karsten Lampe u.v.m. Tickets gibt es im Vorverkauf oder an der Abendkasse. Der Einlass beginnt um 19 Uhr, los geht es um 20 Uhr.

Aus meiner Fanpost (13): Ich werde entlarvt

Hallo Michael,
Deine Kollumne über den neuen Fschismus ist genauso dümmlich wie Deine Faschokeule gegenüber „Globalisierungsgegner“ und Völker die ihre eigene Souveränität wieder haben wollen.
Tu nicht so als hättest Du die Weisheit mit Löffeln gegessen, sondern halte Dich bitte nicht für Klug gegnug diese Erscheinung volksgerecht zu beurteilen.
Denn noch nie war dieses Volk so gespalten wie jetzt. – Dank der NWO-Propaganda. Gemäß diesem genannten Artikel ist nämlich hier von Weisheit nichts zu erkennen, sondern propagandistsische Globalisierungsdreck nach CDU und Medien-Stream. Wenn NWO Dein Konzept ist bist Du der Weltfaschist und Freiheitsmörder und nicht jene Menschen, die ihre eigene Freiheit und Selbstbestimmung zurück haben wollen. Selbst dann wenn sie nach „deutscher Lebenskultur“ gelebt werden will.
Du willst einen Weltfaschismus (Diktatur) und arbeitest für Medien die von sogen. „Ratten“ gesteuert sind um uns den Mund zu knebeln?! – Pfui.
Ließ mal das Buch von Ulfkotte – Gekaufte Journalisten.

Zitat des Monats November

los bittner du willst persöndlich werden in deinem journalistischen manifest. komm in die schweiz da gibt es eine istitution namens exit. für so absolute vollidioten wie dich.

Nachricht eines Anhängers von „Ken Jebsen“ zum Thema Euthanasie

Termine der Woche

Nur einen Termin gibt es in dieser Woche, dafür aber einen besonders schönen: Am Donnerstag (19. November) kehrt unsere Dresdner Lesebühne Sax Royal in die scheune zurück. Neue Geschichten und Gedichte lesen mit mir die Stammautoren Roman Israel, Max Rademann und Stefan Seyfarth. Außerdem begrüßen wir diesmal einen besonderen Gast: Wir freuen uns auf den Poeten Daniel Hoth von der Berliner Lesebühne Couchpoetos. Dank der Unterstützung der Aktion Mensch übersetzen Dolmetscher vom Netzwerk vigevo die Texte bei der Lesebühne wieder für Gehörlose live in Gebärdensprache. Karten gibt es im Vorverkauf oder ab 19:30 Uhr an der Abendkasse. Los geht es um 20 Uhr.

Termine der Woche

Am Montag (9. November) wird der von Heiko Werning und Volker Surmann herausgegebene Band „Ist das jetzt Satire oder was?“ (Satyr Verlag) im Berliner taz-Café vorgestellt. Ich darf als einer der Beiträger des Buches mitlesen. Los geht es um 19 Uhr.

Am selbigen Montag (9. November) eile ich dann hinüber ins Kaffee Burger, wo ich in der von Sarah Bosetti und Daniel Hoth moderierten Reihe „Peace, Love & Poetry“ lese. Los geht es dort um 21 Uhr.

Am Donnerstag (12. November) moderiere ich gemeinsam mit Stefan Seyfarth den Dresdner livelyriX Poetry Slam in der scheune. Mit dabei sind diesmal Tanasgol Sabbagh, Jesko Habert, Kaleb Erdmann u.v.m. Der Dichterwettkampf beginnt um 20 Uhr.

Am Freitag (13. November) lese ich mit den Kollegen Udo Tiffert und Max Rademann wieder als Lesebühne Grubenhund im schönen Görlitz. Neue Geschichten und Gedichte gibt es nicht nur von uns Stammautoren, sondern auch von einem besonderen Gast: Wir freuen uns auf den Dresdner Poeten Stefan Seyfarth. Los geht es um 19:30 Uhr im Kino Camillo.

Am Sonntag (15. November) bin ich schließlich als Gastautor bei der traditionsreichen Reformbühne Heim & Welt in Berlin. Die Stammautoren sind: Ahne, Uli Hannemann, Jakob Hein, Falko Hennig, Heiko Werning und Jürgen Witte. Die Lesebühne findet in der aussichtsreichen Panorama-Lounge im Haus Berlin (Strausberger Platz 1) statt. Los geht es um 20:15 Uhr.

Micha’s Lebenshilfe (38)

Wenn man auf einer Bühne eine gute Viertelstunde an einem Mikrofon steht, sollte man darauf achten, dabei keine unnatürliche Körperhaltung einzunehmen, weil man sonst nach dem Abgang möglicherweise von einem Beinkrampf geschüttelt wird, humpelnd zu seinem Platz zurückkehrt und dort zum ersten Mal im Leben mit Recht den Satz aussprechen darf: Ich habe mich verstanden.

Nazis rufen „Nazis raus!“ – Die faschistische Verdrehung der Wahrheit

Der Schriftsteller Akif Pirinçci hat in seiner PEGIDA-Rede am 19. Oktober 2015 gemutmaßt, deutsche Politiker hätten den Wunsch, patriotische Deutsche in Konzentrationslagern zu internieren. Viele Medien gaben seine Äußerungen sinnentstellend verkürzt so wieder, als hätte er gefordert, die Konzentrationslager – etwa für Flüchtlinge – wieder zu öffnen. Diese Falschdarstellung wurde inzwischen zurecht kritisiert. Aber natürlich hatte der Autor Pirinçci dieses Missverständnis einkalkuliert und die beim Wort „KZ“ grölenden Nazis im Publikum verstanden ihn wohl doch nicht ganz falsch. Interessanter ist aber die Frage: Was steckt hinter dieser Taktik der neuen Rechten, ihre Gegner als Nazis zu denunzieren? Wieso bezeichnete Pirinçci deutsche Politiker als „Gauleiter gegen das eigene Volk“? Wieso setzt Lutz Bachmann den Bundesjustizminister Heiko Maas mit dem nationalsozialistischen Propagandaminister Joseph Goebbels gleich? Wieso wird von Nazis in letzter Zeit so häufig „Nazis raus!“ in Richtung der Gegendemonstranten skandiert?

Es ist nichts Neues, dass radikale Rechte sich Taktiken und Symbole von radikalen Linken aneignen. Die deutschen Rechten verfügten über keine eigene rebellische Tradition, sie waren immer brav und gehorsam, als mit der Novemberrevolution 1918/1919 plötzlich die Demokratie über sie hereinbrach. Nun mussten sie revolutionär werden, wussten aber nicht, wie das geht. Also stahlen sie die Formen der linken Opposition und prägten sie zum nationalen Widerstand um. Nichts anderes passiert heute wieder. Die „autonomen Nationalisten“ tragen Schwarz, wickeln sich Palästinensertücher um den Nacken und reden vom Widerstand gegen den Kapitalismus, wenn sie ans Totschlagen der Juden denken. Auch die neofaschistische Bewegung PEGIDA hat inzwischen viele Strategien der Linken gestohlen und pervertiert: Die Montagsdemonstrationen 1989/90 richteten sich gegen eine Diktatur, nun richten sie sich gegen die Demokratie. Die Sitzblockaden, die früher in Dresden gegen Naziaufmärsche zum 13. Februar stattfanden, werden jetzt von besorgten Bürgern vor geplanten Flüchtlingsheimen nachgespielt. Die Lichterketten gegen Rassismus werden zu patriotischen Menschenketten, die als „lebende Grenze“ Deutschland symbolisch abschotten.

Zu dieser wohlbekannten Taktik der Enteignung gehört die Taktik der Umkehrung der Wahrheit. Auch sie ist nicht neu. Wenn Rechte ihre Gegner als „anti-deutsche Rassisten“, als „Linksfaschisten“ oder gleich als „Nazis“ verunglimpfen, dann verfolgen sie damit zwei Ziele. Zum einen sollen die Begriffe entwertet werden. Dies ist schon einigermaßen gelungen. „Rassist“, „Faschist“ und „Nazi“ sind heute bereits Allerweltsbeleidigungen, die jeder gegen jeden gebraucht, sodass die wirklichen Rassisten, Faschisten und Nazis sich um solche Vorwürfe kaum mehr kümmern müssen. Es dauert gewiss nicht mehr lange, bis die ersten Demonstranten bei PEGIDA Transparente mit Aufschriften wie „Rassist und Spaß dabei“ oder „Nazi? Na und?“ zeigen werden. Die Umwertung der Begriffe macht jedenfalls atemberaubende Fortschritte: Als „Nazi-Keule“ gilt heute schon nicht mehr der Baseballschläger in der Hand eines Rechtsextremisten, sondern die antifaschistische Kritik am Nationalsozialismus der Gegenwart.

Aber die Pervertierung der Wahrheit hat noch einen zweiten Zweck. Damit er guten Gewissens prügeln und morden kann, muss der Faschist, der doch auch immer weinerlicher Spießbürger bleibt, sich selbst zum Opfer und seine Opfer zu Tätern machen. Der Angriff muss zur Selbstverteidigung stilisiert werden. Dies gelingt durch die Verdrehung der Tatsachen: Der Bedroher wird zum Bedrohten, die Bedrohten zur Bedrohung. Gibt es hierfür auch historische Beispiele? Es gibt sie. Und wir nennen sie in der fröhlichen Zuversicht, in Bälde den Ruf „Nazi-Keule!“ aus dem Mund von Nazis erschallen zu hören.

Ich will heute wieder ein Prophet sein: Wenn es dem internationalen Finanzjudentum in und außerhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht die Bolschewisierung der Erde und damit der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa.

Mit diesem Worten kündigte Adolf Hitler in einer Rede vor dem Reichstag am 30. Januar 1939 den Völkermord an den europäischen Juden an. Bemerkenswert ist auch hier die Verdrehung der Wahrheit, die Vertauschung von Täter und Opfer. In seiner infamen Lüge verriet Hitler doch zugleich auch die Wahrheit: Indem er vorgab, die Deutschen vor einer Vernichtung durch das Judentum schützen zu wollen, kündigte er die Vernichtung der Juden durch die Deutschen an. Ganz dementsprechend rechtfertigte Heinrich Himmler in seiner berüchtigten Posener Rede am 4.10.1943 die laufende Ermordung der Juden in den Vernichtungslagern:

Wir haben das moralische Recht, wir haben die Pflicht unserem Volk gegenüber, das zu tun, dieses Volk, das uns umbringen wollte, umzubringen.

Wenn die Faschisten von heute sich wieder durch Antifaschisten, Zuwanderer oder Muslime bedroht wähnen, so wissen wir, was das zu bedeuten hat. Wir sollten die neuen Faschisten stoppen, bevor aus der Verdrehung der Wahrheit in der Sprache wieder Terror in der Wirklichkeit wird.

***

Nachtrag – aus einem Bericht über die PEGIDA-Demonstration am 9. November 2015:

Nach dem „Montagsspaziergang“ sprach Tatjana Festerling auf dem Theaterplatz, die gescheiterte OB-Kandidatin der Pegidisten. Sie bezeichnete Linke und Vertreter der Antifa als Nazis und heimste Beifall ein, als sie ihnen angesichts des Gedenkens an die Opfer der Reichspogromnacht einen Hitlerkult vorwarf und riet, eine Therapie zu machen. „Ihr baut den faschistischen Terror wieder von vorne auf“, warf Festerling ihnen vor. „Wir wollen euren kranken, faschistischen Nazigesinnungsterror nicht mehr“. (DNN)