Der richtige Verzicht

Die größte Freude des Milliardärs Dagobert Duck ist es, in seinem Geldspeicher ein ausgiebiges Bad in seinen angehäuften Schätzen zu nehmen. Warum kommt uns diese Lust der superreichen Ente komisch vor? Doch wohl nicht nur deswegen, weil wir wissen, dass ein Kopfsprung in einen Haufen Goldstücke außerhalb der Fantasiewelt des Comics mehr Schmerz als Freude bereiten würde. Wir wissen auch, dass Reiche in Wirklichkeit Freude nicht am bloßen Besitz ihres Geldes haben, sondern daran, was sie mit ihrem Geld anstellen können. Was aber ist das eigentlich?

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Termine der Woche

Am Sonnabend (10. September) bin ich in Dresden, wo im Rahmen des Friedrichstädter Stadtteilfestes der Kulturverein riesa efau um 18 Uhr einen „Salon für guten Humor“ veranstaltet. Bringt eure Lieblingswitze mit und diskutiert mit uns darüber, was das Komische ist, welche Formen und Grenzen es hat und was es nützt. Der Eintritt ist frei.

Am Sonntag (11. September) bin ich nach Jahren der Entbehrung endlich einmal wieder als Gastautor bei einer der schönsten Lesebühnen des Landes: der Schwabinger Schaumschläger Show in München. Ab 19:30 Uhr lese ich im Vereinsheim mit den Stammkräften Christoph Theussl und Moses Wolff und weiteren Gästen.

Am Mittwoch (14. September) starte ich mit meiner Dresdner Lesebühne Sax Royal in eine neue Saison und lese mit den Kollegen Roman Israel und Max Rademann neue Texte. Es gibt einige Neuerungen: Wir haben endlich wieder einen festen Termin, immer am zweiten Mittwoch des Monats könnt ihr uns auf der Bühne der GrooveStation erleben. Und nach dem Abschied von Stefan Seyfarth werden wir in Zukunft immer zwei Gäste einladen, einen aus Dresden und einen aus der Ferne. Zum Auftakt begrüßen wir die Dresdner Autorin Gesine Schäfer und den Münchner Schriftsteller, Schauspieler und Komiker Moses Wolff. Los geht es um 20 Uhr. Karten gibt es an der Abendkasse oder im Vorverkauf.

Sind Menschen schädlich?

Ziemlich oft wird derzeit die Behauptung geäußert, es lebten zu viele Menschen auf der Erde. Aber seltsamerweise hält nie jemand sich selbst für entbehrlich. Überzählig sind immer die anderen. Das Wort „Überbevölkerung“ ist in aller Munde, aber die Gedanken, die mit ihm verknüpft werden, sind sehr verschieden.

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Termine der Woche

Am Donnerstag (25. August) bestreite ich schon zum zwölften Mal mit meiner Dresdner Lesebühne Sax Royal ein Sommergastspiel im Deutschen Hygiene-Museum. Wir lesen unter dem Motto „Schöner Schwindel“ Geschichten über Wahrheit und Lüge und alles dazwischen. Wirklich wunderbar wird es ganz untrüglich auch, weil wir zwei famose literarische Gäste aus Berlin begrüßen: Susanne Riedel (Reformbühne Heim & Welt, Der Frühschoppen) und Noah Klaus (Zentralkomitee Deluxe). Los geht es um 20 Uhr. Karten gibt es vor Ort oder im Vorverkauf.

Genosse für die Ewigkeit

Joachim Klemm wirkt wie ein gebrochener Mann. Eingesunken sitzt der 67-jährige Dortmunder auf dem Sofa in seinem Wohnzimmer und blickt aus dem Fenster müde auf den Verkehr in der Brackeler Straße. Äußerlich scheint es dem Wirtschaftsingenieur im Ruhestand gut zu gehen: An der Wand prangt ein neuer Flachbildfernseher, auf dem quadratischen Glastisch stehen Likör und Gebäck bereit. Klemm ist kein Medienprofi, hat journalistische Besucher wohl noch nie empfangen. Doch in dem schüchternen Mann rumort eine Empörung, die ihm keine Wahl lässt, als den Weg an die Öffentlichkeit zu gehen.

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Termine der Woche

Am Donnerstag (11. August) bin ich zu Gast bei der traditionsreichen Berliner Lesebühne Brauseboys. Die findet im Sommer an der frischen Luft im Garten der Kulturfabrik Moabit statt. Ab 20 Uhr lese ich mit den Kollegen dort neue Texte, zweiter Gast ist die Liedermacherin Ute Danielzick.

Eine Stunde Null ist nicht zu erkennen. Über Ralf Rothmanns „Die Nacht unterm Schnee“

Gibt es vollkommene Erzähler? Wenn ja, dann ist der Schriftsteller Ralf Rothmann nahe daran, einer zu sein. Rothmann schreibt in seinen Geschichten und Romanen eine unwiderstehlich rhythmische Prosa, ist ein Meister des knappen, eindringlichen Dialogs, kennt die menschliche Psyche bis auf den Grund und schildert die Wirklichkeit so genau und anschaulich, dass sie – ohne alle plumpe Symbolik – mit tiefem Sinn erfüllt scheint. Berühmt geworden ist Rothmann mit Romanen wie „Stier“, „Flieh, mein Freund!“ und „Hitze“. In ihnen wird vom Alltag der sogenannten kleinen Leute erzählt, von der Ödnis der Arbeit, aber auch von den Ausbrüchen in verzweifelten Exzess. Dabei tritt als Erzähler oft ein junger Mann auf, der sich vom proletarischen Milieu in die Welt der Bohème begibt. Dass Rothmann kennt, worüber er schreibt, ist jeder seiner Zeilen anzumerken. Er wurde 1953 in Schleswig geboren, ist im Ruhrgebiet aufgewachsen und zog später nach Westberlin. Bevor er sein Brot als freier Schriftsteller verdienen konnte, arbeitete er unter anderem als Maurer, Koch und Krankenpfleger. Die jüngsten Bücher Rothmanns sind ein Wagnis.

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Rassismus in Grün

Warum haben sich in den vergangenen Jahren in Deutschland, aber auch weltweit, so viele Menschen von reaktionärer Propaganda einwickeln lassen? Warum begeistern sich so viele für menschenfeindliche Bewegungen? Müsste der sprühende Hass der Demagogen nicht alle halbwegs vernünftigen Menschen abschrecken? Die Antwort auf diese Fragen lautet wohl: Die Rechten, die derzeit an so vielen Orten triumphieren, verstehen es, nicht nur die niedrigen Instinkte anzusprechen, sondern auch positive Begriffe wie „Demokratie“, „Freiheit“, „Frieden“, „Vielfalt“ und „Gemeinschaft“ in ihrem Sinne umzudeuten und so auch gutwillige, aber naive Leute zu bezaubern. Die Rechten knüpfen dabei an reale Probleme und berechtigte Unzufriedenheit an und präsentieren ihre nationalistische und rassistische Ideologie als Lösung. Nicht nur die soziale Frage, auch die Ökologie wird von den Rechten unserer Tage dazu benutzt, sich Einfluss zu verschaffen.

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Tag der offenen Tür

Und plötzlich geht alles ganz schnell: Für die Ukrainerinnen und Ukrainer, die wegen des russischen Eroberungskriegs aus ihrer Heimat fliehen müssen, werden die Grenzen geöffnet. Selbst ein Land wie Polen, das für seine Politik der Abschottung bekannt ist, entdeckt plötzlich das eigene Herz. Quartiere für die Flüchtenden werden gefunden, auch Plätze in Schulen für die Kinder, ja sogar Arbeitsstellen sind mancherorts schon im Angebot. Nichts daran ist falsch. Großes Lob verdienen vor allem die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer auch in Deutschland, die Geflüchtete in ihren eigenen Wohnungen unterbringen und oft kompetenter betreuen als die dafür eigentlich von Staats wegen zuständigen Versager. Und doch mischt sich in die Freude auch Zorn darüber, welch unverschämte Doppelmoral die europäischen Staaten in der Asylpolitik zeigen.

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Noch etwas zum Streit bei konkret

Aus kosmischer Sicht ist es ziemlich gleichgültig, wer für eine linke Zeitschrift schreibt und wer nicht. Schon drei Meter außerhalb der linken Blase interessiert sich für die ganze Affäre rund um konkret kein Mensch mehr. Aber mich beschäftigt und betrübt die Sache dann doch, denn es ist bitter, zu sehen, wie sich da Autorinnen und Autoren zerfleischen, die man in unterschiedlicher Weise alle schätzt. Es wird teilweise auf einem Niveau gepöbelt, das Fremdscham auslöst. Wie kommt es, dass Linke nicht miteinander streiten können, ohne in Verachtung zu verfallen und sich die Vernichtung des Gegners zu wünschen? Die Spezis bei der CSU bleiben noch mit den größten Versagern in ihren Reihen solidarisch, unter Linken reicht manchmal schon ein falsches Wort, um für immer geächtet zu werden. Ein Grund ist sicher, dass unter dem Banner mit der Aufschrift „links“ sehr unterschiedliche Leute nebeneinander laufen. Was hat eine Frau, die von der herrschaftsfreien Weltgesellschaft träumt, mit einem Mann gemein, der gerne in einem System wie der Volksrepublik China leben möchte? Ehrlich müsste man sagen: gar nichts. Statt das einzusehen, streitet man sich darüber, wer denn nun „wahrhaft links“ sei. Aber es zoffen sich auch Leute, die sachlich voneinander in Wirklichkeit gar nicht so weit entfernt sind. Das kann sich allerdings nicht herausstellen, denn der Gegner wird einer argumentativen Auseinandersetzung für unwürdig erklärt. So wirft man dem Feind lieber polemische Verzerrungen und böswillige Unterstellungen vor, während man selbst polemisch verzerrt und böswillig unterstellt. Wechselseitig werfen die Fraktionen einander vor, sich bei den Herrschenden anbiedern und die linke Sache verraten zu wollen. Ich glaube, hier spielt die soziale Lage der meisten linken Autorinnen und Autoren eine fatale Rolle. Die prekäre Existenz frustriert und nährt das Ressentiment. Der Mangel an materiellem Ertrag wird kompensiert durch moralische Aufladung. Während Rechte im politischen Kampf zumeist einfach unverhohlen ihre Interessen verfolgen, investieren Linke immer ihre ganze Persönlichkeit. So schießt schon bei kleinsten Auseinandersetzungen eine unangemessene Aggression über. In der existenziellen Situation des Krieges kann es dann erst recht nur noch Freund und Feind geben. – Ich will hier aber auch kein versöhnlerisches Eiapopeia anstimmen, meine Meinung ist außerdem ohnehin belanglos. Ich denke, dass die Kritiker der außenpolitischen konkret-Linie im Wesentlichen recht haben. Nur auf den polemischen Vorwurf der „Nähe“ zu AfD, junge Welt etc. hätten sie verzichten sollen. Objektiv wird von vielen in der konkret zwar wirklich das Gleiche gefordert wie von der AfD: keine Unterstützung für die Ukraine, insbesondere keine militärische; keine Sanktionen gegen Russland, sondern schnellstmöglicher Frieden, zur Not auch auf Kosten der Souveränität und Integrität der Ukraine. Aber es ist nicht ganz fair davon abzusehen, dass die meisten Autoren der konkret in dieser Haltung von ganz anderen Motiven angetrieben werden als die Rechten. – Aber es ist jetzt ohnehin nichts mehr zu kitten. Laute Entzweiungen gab’s ja in der Linken auch schon bei früheren Kriegen. Vielleicht sieht die Sache dann schon wieder anders aus, wenn es endlich Frieden gibt, worauf ich vor allem hoffe.