Ideologie ist wie Mundgeruch – immer das, was nur die anderen haben. Das Bonmot des britischen Literaturwissenschaftlers Terry Eagleton ist inzwischen zum geflügelten Wort geworden. Es beschreibt ein allgemeines Elend im gegenwärtigen Umgang mit dem Wort „Ideologie“. Wurde es früher noch in sinnvoller Weise verwendet als Bezeichnung für das notwendig verkehrte Denken einer verkehrten Gesellschaft bei Marx oder bei Karl Mannheim als Synonym für das „Rechtfertigungsdenken“, das Intellektuelle herrschenden Regimen liefern, verwerfen heutzutage viele nur noch eben die politischen Anschauungen als „Ideologie“, die der Gegner hat. Besonders in der Rechten ist solcher besinnungslose Wortgebrauch in Mode. Es verwundert nicht, dass Thilo Sarrazin sich mit seinem neuesten Buch Die Vernunft und ihre Feinde am Feldzug gegen das vermeintlich „ideologische Denken“ beteiligt.
Termine der Woche
Am Sonntag (6. November) bin ich als Gastautor bei der traditionsreichen Berliner Reformbühne Heim & Welt und lese neue Geschichten zusammen mit den Stammautoren Heiko Werning, Susanne M. Riedel, Frank Sorge, Spider, Falko Hennig, Gott und Ahne. Los geht es in der gemütlichen Baiz um 19 Uhr.
Am Mittwoch (9. November) lese ich neue Texte bei unserer Dresdner Lesebühne Sax Royal zusammen mit den anderen beiden Stammautoren Roman Israel und Max Rademann sowie den Gastautorinnen Jule Hanka und Isosel Markus. Los geht es um 20 Uhr in der GrooveStation. Tickets gibt es an der Abendkasse oder im Vorverkauf.
Die neue Bescheidenheit
Vor ein paar Tagen schlenderte ich durch die Stadt, da erblickte ich ein merkwürdiges Plakat. Zu sehen war eine junge Frau an einem Tresen, die nicht verkrampft lachte, wie sonst in der Reklame üblich, sondern bekümmert dreinschaute. Zu lesen war: „Jeder 2. unterschätzt die Bedeutung von Trinkgeld. Trinkgeld gehört dazu“. Erst auf den dritten Blick war zu erkennen, dass ein Schnapshersteller, spezialisiert auf den Durst von leitenden Förstern, das Plakat hatte aufhängen lassen. Ich fragte mich: Versteht es sich nicht für jeden gutmütigen Menschen von selbst, in Kneipen Trinkgeld zu geben? Wird man Geizhälse, die Kellnerinnen nichts gönnen, durch so ein Plakat vom Gegenteil überzeugen? Aber ich begreife schon: Wir sind in der Krise.
Dichterfürsten. Über Jochen Hörischs Essay „Poesie und Politik“
Niemand in einer Gesellschaft, kann sich der Politik völlig entziehen. Dichtung ist, wie verfremdet und entfernt auch immer, stets auf das gesellschaftliche Leben bezogen. Daraus folgt: Jede Literatur ist in einem allgemeinen Sinn auch politische Literatur. Es ist nicht möglich, die Gesellschaft darzustellen, ohne eine Haltung zu ihr erkennen zu lassen.
Termine der Woche
Am Mittwoch (12. Oktober) lese ich um 20 Uhr neue Texte mit den prächtigen Kollegen Roman Israel und Max Rademann bei unserer Dresdner Lesebühne Sax Royal in der GrooveStation. Als Gäste haben wir die Dresdner Künstlerin Anne John Klein und Ahne aus Berlin mit dabei! Wir freuen uns, wenn ihr Tickets schon im Vorverkauf erwerbt. Es gibt aber auch noch welche an der Abendkasse ab 19:30 Uhr.
Der richtige Verzicht
Die größte Freude des Milliardärs Dagobert Duck ist es, in seinem Geldspeicher ein ausgiebiges Bad in seinen angehäuften Schätzen zu nehmen. Warum kommt uns diese Lust der superreichen Ente komisch vor? Doch wohl nicht nur deswegen, weil wir wissen, dass ein Kopfsprung in einen Haufen Goldstücke außerhalb der Fantasiewelt des Comics mehr Schmerz als Freude bereiten würde. Wir wissen auch, dass Reiche in Wirklichkeit Freude nicht am bloßen Besitz ihres Geldes haben, sondern daran, was sie mit ihrem Geld anstellen können. Was aber ist das eigentlich?
Termine der Woche
Am Sonnabend (10. September) bin ich in Dresden, wo im Rahmen des Friedrichstädter Stadtteilfestes der Kulturverein riesa efau um 18 Uhr einen „Salon für guten Humor“ veranstaltet. Bringt eure Lieblingswitze mit und diskutiert mit uns darüber, was das Komische ist, welche Formen und Grenzen es hat und was es nützt. Der Eintritt ist frei.
Am Sonntag (11. September) bin ich nach Jahren der Entbehrung endlich einmal wieder als Gastautor bei einer der schönsten Lesebühnen des Landes: der Schwabinger Schaumschläger Show in München. Ab 19:30 Uhr lese ich im Vereinsheim mit den Stammkräften Christoph Theussl und Moses Wolff und weiteren Gästen.
Am Mittwoch (14. September) starte ich mit meiner Dresdner Lesebühne Sax Royal in eine neue Saison und lese mit den Kollegen Roman Israel und Max Rademann neue Texte. Es gibt einige Neuerungen: Wir haben endlich wieder einen festen Termin, immer am zweiten Mittwoch des Monats könnt ihr uns auf der Bühne der GrooveStation erleben. Und nach dem Abschied von Stefan Seyfarth werden wir in Zukunft immer zwei Gäste einladen, einen aus Dresden und einen aus der Ferne. Zum Auftakt begrüßen wir die Dresdner Autorin Gesine Schäfer und den Münchner Schriftsteller, Schauspieler und Komiker Moses Wolff. Los geht es um 20 Uhr. Karten gibt es an der Abendkasse oder im Vorverkauf.
Sind Menschen schädlich?
Ziemlich oft wird derzeit die Behauptung geäußert, es lebten zu viele Menschen auf der Erde. Aber seltsamerweise hält nie jemand sich selbst für entbehrlich. Überzählig sind immer die anderen. Das Wort „Überbevölkerung“ ist in aller Munde, aber die Gedanken, die mit ihm verknüpft werden, sind sehr verschieden.
Termine der Woche
Am Donnerstag (25. August) bestreite ich schon zum zwölften Mal mit meiner Dresdner Lesebühne Sax Royal ein Sommergastspiel im Deutschen Hygiene-Museum. Wir lesen unter dem Motto „Schöner Schwindel“ Geschichten über Wahrheit und Lüge und alles dazwischen. Wirklich wunderbar wird es ganz untrüglich auch, weil wir zwei famose literarische Gäste aus Berlin begrüßen: Susanne Riedel (Reformbühne Heim & Welt, Der Frühschoppen) und Noah Klaus (Zentralkomitee Deluxe). Los geht es um 20 Uhr. Karten gibt es vor Ort oder im Vorverkauf.
Genosse für die Ewigkeit
Joachim Klemm wirkt wie ein gebrochener Mann. Eingesunken sitzt der 67-jährige Dortmunder auf dem Sofa in seinem Wohnzimmer und blickt aus dem Fenster müde auf den Verkehr in der Brackeler Straße. Äußerlich scheint es dem Wirtschaftsingenieur im Ruhestand gut zu gehen: An der Wand prangt ein neuer Flachbildfernseher, auf dem quadratischen Glastisch stehen Likör und Gebäck bereit. Klemm ist kein Medienprofi, hat journalistische Besucher wohl noch nie empfangen. Doch in dem schüchternen Mann rumort eine Empörung, die ihm keine Wahl lässt, als den Weg an die Öffentlichkeit zu gehen.